Predigt zum 5. Sonntag im Jahreskreis A
(Mt 5, 13-16)
Es gibt eine weitverbreitete Tendenz, die auch tief im Menschen verwurzelt ist, die da heißt:
Ja nicht auffallen, bloß nicht den Kopf zu weit rausstrecken, am besten: sich anpassen, mit dem Strom schwimmen , unauffällig und dadurch unbehelligt durchkommen.
„Unbehelligt bleiben“ – man merkt: das ist geradezu das Gegenwort zum heutigen Evangelium:
„Ihr seid das Licht der Welt – ihr sollt euer Licht nicht unter den Scheffel stellen – euer Licht soll vor den Menschen leuchten“ (Mt 5, 14-16).
Das – sagt uns Christus – ist der Auftrag, die Berufung des Christen in dieser Welt. Nicht untertauchen in der Menge und sich möglichst angepasst durchlavieren. -Sondern: sein Licht leuchten lassen vor den Menschen. Das heißt: sichtbar in Erscheinung treten als jemand, der im Licht des Glaubens sein Leben führt.
Und wie geschieht das? – Wie lassen wir unser Licht leuchten in dieser Welt?
Die Antwort des Evangeliums:
Durch gute Werke und dadurch, dass wir als Salz der Erde wirken.
„Euer Licht soll vor den Menschen leuchten, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen“ (Mt 5, 16). Wichtig ist hier der Verweis auf den Vater im Himmel.
„Seid barmherzig, wie es auch euer Vater ist“, heißt es an anderer Stelle in der Bergpredigt (Lk 6,36). – Wenn wir Gottes Kinder sein wollen, der so barmherzig und gnädig ist, reich an Güte und Liebe, der seine Sonne aufgehen lässt über Bösen und Guten – dann müssen auch wir etwas von dieser Güte Gottes widerstrahlen: Licht, Wärme, Güte ausstrahlen in diese kalte Welt, >glänzen< durch Taten der Liebe.
Wir dürfen uns hier erinnern an die Worte der Lesung aus dem Propheten Jesaja:
„So spricht der Herr: Teile an die Hungrigen dein Brot aus, nimm die obdachlosen Armen ins Haus auf, wenn du einen Nackten siehst, bekleide ihn und entziehe dich nicht deinen Verwandten. Dann wird dein Licht hervortreten wie die Morgenröte. ..Wenn du der Unterdrückung bei dir ein Ende machst, auf keinen mit dem Finger zeigst und niemand verleumdest, dem Hungrigen dein Brot reichst und den Darbenden satt machst , dann geht im Dunkel dein Licht auf und deine Finsternis wird hell wie der Mittag.“ (Jes 58, 7-10). – Durch beispielhafte, tatkräftige Nächstenliebe hebt sich der Gläubige hell ab von dem, was sonst gang und gäbe ist.
Das ist das eine , worauf es ankommt – und das andere:
„Ihr seid das Salz der Erde. Wenn aber das Salz fade geworden ist, womit kann man es wieder salzig machen? Es taugt zu nichts mehr“ (Mt 5, 13).
In diesem Wort kommt das Widerständige, das Unangepasste zum Ausdruck, das wesentlich zum Christsein gehört.
Ein evangelischer Theologe hat gesagt:
„Christen sollen das Salz der Erde sein, nicht der Zuckerguß über allem…“.
Die Gläubigen müssen den Geschmack der Welt verändern, sie müssen sich unterscheiden, anders denken, anders reden als alle Welt. Für die Wahrheit einstehen, ob gelegen oder ungelegen, und dadurch den andern zu denken geben, das gehört wesentlich zum Christsein.
„Eure Rede sei freundlich zu jedermann, aber mit Salz gewürzt“, sagt der Apostel Paulus (Kol 4, 6).
Liebenswürdig, freundlich – ja. – Aber nicht wachsweich und leisetreterisch! Sondern einen Standpunkt haben und nicht beim leisesten Widerstand umfallen. Das gilt übrigens auch für die Kirche im Ganzen. Manche meinen heutzutage, die Kirche sei zu nichts anderem da, als alles und jedes freundlich abzusegnen.- Davon steht nichts im Evangelium! – Und solch ein fades, liberal verwässertes und ermäßigtes Christentum würde – wie Kardinal Walter Kasper sagt – zwar „niemand wehtun, aber auch niemandem nützen“.
Liebe Gläubige,
„ihr seid das Salz der Erde – ihr seid das Licht der Welt – ihr seid die Stadt auf dem Berg, die niemand verborgen bleiben kann“ – gewiss, das ist ein hohes Ideal, das wir noch nicht erreicht haben. Wichtig aber ist, dass wir uns auf diese Leitbilder hin ausrichten und Schritt für Schritt auf sie zugehen in den konkreten Herausforderungen des Alltags.
Dann werden wir vielleicht eine erstaunliche Erfahrung machen: Es geht ja, du kannst ein bisschen anders sein, du kannst ein bisschen besser sein als alle Welt, du bist so frei, gegen den Strom zu schwimmen.
Wir spüren etwas von dem, was Paulus die „Freiheit der Kinder Gottes“ nennt.
Und auch das gilt für die Kirche im Ganzen.
Wenn die Kirche in unserem Land – auch in der heutigen schwierigen Situation – wieder etwas mutiger Salz der Erde und Licht der Welt wäre, dann würde sie merken:
Wir können ja etwas erreichen, wir können ja da und dort zum Nachdenken bringen, aufrütteln, überzeugen. – Ein wenig Sauerteig genügt ja schon, um ein großes Maß Teig zu durchsäuern.
Amen.