Predigt zum 4. Sonntag im Jahreskreis A (Mt 5, 1 -12)
Es gibt Menschen – und vielleicht sind welche davon mitten unter uns – die haben das Gefühl, dass sie ungerecht behandelt werden in dieser Welt; dass sie in ihrem Leben nicht zu ihrem Recht gekommen sind. Zu dem Recht etwa, ihre Anlagen und Fähigkeiten durch eine gute Ausbildung angemessen zu verwirklichen; zu dem Recht auf gebührende Anerkennung im Beruf, in der Familie. Sie dürsten danach, endlich die zu sein, die sie in Wirklichkeit sind.
Jesus sagt: Selig seid ihr, die ihr Hunger und Durst habt nach Gerechtigkeit, denn ihr seid bestimmt für das Reich Gottes!
Es gibt Menschen – und vielleicht sind welche davon mitten unter uns – die haben das Gefühl, dass sie arm dran sind in dieser Welt, dass sie zu kurz gekommen sind. Vielleicht in materieller Hinsicht. Vielleicht sind sie immer etwas ärmer dran als ihre Mitmenschen; bewohnen im Haus der Wohlstandsgesellschaft immer die Kellerwohnung. Andere fühlen sich von Mutter Natur stiefmütterlich ausgestattet; es fehlt etwas, um in unserer Gesellschaft konkurrenzfähig zu sein. Vielleicht nur ein paar Zentimeter oder ein paar geistige Talente. – Manche sind auch zu kurz gekommen in puncto Freundschaft und Liebe; überall sehen sie glückliche Paare und stehen selber alleine da.
Jesus sagt: Selig seid ihr Armen, denn ihr seid bestimmt für das Reich Gottes.
Es gibt Menschen – und vielleicht sind welche davon mitten unter uns – die machen die Erfahrung, dass sie von anderen immer wieder ausgenützt und hintergangen werden. Sie lassen sich immer wieder erweichen zu helfen, um dann nur Undank zu ernten. Sie lassen sich arglos immer wieder auf andere ein, denken nichts Böses und sind schon wieder hereingefallen.
Jesus sagt: Ihr, die ihr barmherzig seid und ein reines Herz habt, selig seid ihr.
Es gibt Menschen – und vielleicht sind welche davon mitten unter uns – die können in dieser Welt nicht glücklich werden, sie trauern. Vielleicht kommen sie über den Verlust eines lieben Menschen einfach nicht hinweg; sie können nicht mehr zur Tagesordnung übergehen, die Uhr des Lebens ist stehengeblieben. – Oder sie können sich ihres Lebens nicht freuen, weil sie das Leid anderer Menschen betrifft und anrührt. Weil sie mitleiden mit den vielen Leidenden in dieser Welt.
Jesus sagt: Selig seid ihr Trauernden, denn ihr seid bestimmt für das Reich Gottes.
Alle haben eines gemeinsam – die Trauernden, die Armen, die Verfolgten, die nach Gerechtigkeit Dürstenden, die Sanftmütigen – sie passen nicht richtig hinein in diese Welt.- Sie gehören nicht richtig dazu, sind anders als die anderen. Fremdlinge, Heimatlose unter denen, die hier wunschlos glücklich sind.
Jesus kommt, das Reich Gottes zu proklamieren, die neue Welt Gottes, die diese Welt ablösen soll. Und Jesus kommt, für dieses Reich des Vaters ein Volk zu sammeln, ein Volk aus allen Nationen und Sprachen. Ein Volk aus all denen, die fremd sind in den Reichen dieser Welt.
Darum nennt er sie selig, die Armen, die Trauernden, die Zukurzgekommenen; nicht, weil ihre Situation in sich selig wäre, sondern weil sie dadurch bereit werden, nach dem Größeren zu suchen. Weil sie – durch ihr Leiden an dieser Welt – reif geworden sind für das Reich Gottes.
„Wie schwer ist es für einen Reichen, in das Reich Gottes zu gelangen“ (Mk 10,23).Warum schwer? Weil der Reiche (scheinbar) schon alles hat, was er braucht. Wer dagegen hier nur wenig zu verlieren hat, der kann auf Gott setzen. Wer aber auf Gott setzt, der wird gewinnen; mehr als alle Reichen, Schönen, Klugen, Erfolgreichen und Zufriedenen in dieser Welt zusammen haben, nämlich das Himmelreich.
Aber wie? Wie gewinnen wir das Himmelreich? Wie gelangen wir hinein in das Land der Verheißung, in das gelobte Land? Durch das, was Paulus die Quintessenz des Christentums nennt: Glaube, Hoffnung und Liebe.
1. Jesus spricht nicht umsonst vom Himmelreich. Es ist das himmlische Reich, das Reich, das unseren irdischen Erfahrungshorizont übersteigt. Ganz kommen wir erst hinein, wenn wir diese Welt hinter uns gelassen haben.
„Euer Lohn im Himmel wird groß sein“ (Mt 5,12). Also Vertröstung auf ein besseres Jenseits? Vertröstung, nein. Trost, ja! Aber kein billiger Trost, sondern ein kostbarer Trost. Die Kraft einer Hoffnung, die uns nicht zugrundegehen lässt, die uns die Situation, in die wir gestellt sind, annehmen lässt. Eine Hoffnung, die so real ist, dass sie uns tragen kann; mehr als alles andere in der Welt.
2. Das Reich Gottes ist nicht nur eine selige Zukunft es kann auch schon eine Gegenwart sein. Der Herr betont wiederholt im Evangelium, dass das Reich Gottes ganz nahe, zum Greifen nahe ist. „Es ist schon mitten unter euch“, sagt er (Lk 17,21). Wie das?
Das Reich Gottes ist der Ort, wo Gott regiert. Und wenn heute ein Mensch beschließt, auf Gott zu setzen, Gott die Führung in seinem Leben zu übergeben, dann wird sein Leben zu einem Ort des Reiches Gottes. Von daher können wir verstehen, warum Jesus an die Seligpreisungen der Bergpredigt seine Forderungen nach radikaler Nächsten- und Gottesliebe anschließt. – Die Menschen, die Jesus aus den Reichen dieser Welt herausruft, die beruft er zugleich dazu, dem Reich Gottes in ihrem Leben Raum zu geben und dadurch in der Welt Raum zu schaffen. Er beruft sie dazu, nicht mehr nach den Gesetzen dieser Welt zu leben, nach dem Recht des Stärkeren, sondern nach dem Gesetz der Liebe.
3. Die Menschen, die Jesus zum Volk Gottes versammelt, die bilden die Kirche. Die Kirche ist das Volk Gottes. Und wenn diese Kirche das Fest des Glaubens feiert, wenn sie im Namen Jesu Gott die Ehre gibt, wenn sie in seinem Blut den Bund mit Gott erneuert, dann geschieht etwas Großes, etwas, das mehr ist als diese Welt. Dann entsteht eine Brücke zwischen der Erde und dem Himmelreich. Das ist das Geheimnis der Heiligen Messe. Und auch das gehört zu unserer Seligkeit, dass wir an dieser Verbindung zwischen Himmel und Erde, zwischen Sichtbarem Unsichtbarem schon hier und jetzt teilhaben dürfen.
Amen.