Leidenschaft für Gott: Elija

Predigt zum 19. Sonntag im Jahreskreis B
(1 Kön 19, 4-8)

Für die Urlaubszeit werden immer wieder einmal Lesetipps ausgegeben, Anregungen für eine geeignete Ferienlektüre. Auch ich möchte Ihnen heute so einen Lesetipp geben: Greifen Sie doch einmal in einer Mußestunde zu dem Buch, das gewiss jeder von Ihnen zu Hause stehen hat, zum „Buch der Bücher“. Und schauen Sie – am besten im Inhaltsverzeichnis – nach dem Ersten und dem Zweiten Buch der Könige. Die Königsbücher im Alten Testament erzählen die Geschichte der Könige Israels, beginnend beim großen Salomo bis zum Ende des Königreichs Israel in der Babylonischen Gefangenschaft. Eine äußerst spannende und lehrreiche Geschichte.
In diesen Königsbüchern begegnet uns – ab Kapitel 17 des 1. Buches – eine der größten und eindrucksvollsten Gestalten der biblischen Heilsgeschichte: der Prophet Elija.

Wir haben in der Lesung heute einen Abschnitt aus der Elija-Geschichte gehört: Der Prophet, der nicht mehr will, der genug hat, am Ende ist, doch von Gott wieder neu aufgebaut und motiviert wird durch das Brot, das er dem Elija gibt.
Lassen sie mich das zum Anlass nehmen, ein wenig diesen Elija und seine Geschichte anzuschauen.

Wir befinden uns im Jahr 800 v. Chr. in Israel. Die Lage im Königreich ist dramatisch. Das auserwählte Volk ist von einer schlimmen Glaubenskrise heimgesucht: König Ahab – ein Nachfolger Davids und Salomos – und seine Frau Isebel sind vom Glauben an den Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, an JAHWE, abgefallen und haben sich heidnischen Götzen zugewandt. Überall haben sie Tempel und Opferstätten für den Wettergott Baal und die Sternengöttin Astarte errichten lassen. Die Propheten und Priester des Herrn wurden vertrieben und getötet.
Und das Volk Israel – das Gottesvolk – wie verhält es sich zur neuen Entwicklung?
Wie die Menge eben so ist: gern bereit, sich neuen Moden und Trends, dem herrschenden Zeitgeist anzupassen; begeistert dabei bei den neuen Fruchtbarkeitskulten, den ausschweifenden Ritualen; gerne bereit, Gott und den Bund mit Gott und die Gebote Gottes zu verabschieden.

Nur einen Mann gibt es, der sich dem allgemeinen Trend „Los von Gott“ widersetzt, der sich nicht einreiht in den Tanz um die goldenen Kälber und Stiere, der einsam und unerschütterlich beim überlieferten Glauben bleibt: Elija.
Sein Name ist sein Programm: „Eli – Jah = Mein Gott ist JAHWE“. Und diese Botschaft verkündet er nicht nur mit Worten, sondern mit Machttaten.

Eine vierjährige Dürre ruft er auf das Land herab zum Zeichen dafür, dass Israel ohne Gott verdorren wird, keine Zukunft hat. Vor dem Zorn des Königs muss er in die Wüste fliehen. Raben bringen ihm Brot und Fleisch. Schließlich findet er Unterschlupf bei einer armen Witwe, die zu den wenigen in Israel gehört, die den Glauben bewahrt haben, die aus Gottesfurcht ihr letztes Essen mit dem Gottesmann teilt. Und Gott vergilt ihr das: Ihr Mehltopf wird nicht mehr leer und das Ölfass nicht mehr trocken. Schließlich taucht Elija wieder auf, um die Entscheidungsschlacht gegen den Götzenkult zu führen. Er gewinnt König Ahab dafür, ein Gottesurteil auf dem Berg Karmel durchzuführen. Die Baalspriester sollen ein Stieropfer für ihre Götzen darbringen und der Prophet eines für Gott, den Herrn. Wessen Opfer von göttlichem Feuer entflammt wird, dessen Gott ist der wahre und lebendige Gott.
In einem dramatischen Appell wendet Elija sich an das Volk: „Wie lange noch wollt ihr nach zwei Seiten schwanken? Wenn JAHWE der wahre Gott ist, so folgt ihm nach! Ist es aber Baal, so folgt diesem!“ (1 Kön 18,21)
Zuerst versuchen jetzt die Baalspriester – mehrere hundert – ihre Götter zu beschwören, indem sie in Ekstase um ihren Altar tanzen. – Es tut sich nichts. Dann tritt Elija an den Altar JAHWEs: „Herr, Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, heute soll man erkennen, dass du Gott bist in Israel, und dass ich dein Knecht bin und auf dein Wort hin dies alles getan habe. Erhöre mich, Herr, erhöre mich! Dieses Volk soll erkennen, dass du, Herr, der wahre Gott bist und dass du sein Herz zur Umkehr wendest“ (1 Kön 18, 36). Da fällt Feuer vom Himmel und frisst Brandopfer, Holz, Steine und Erde, ja sogar das Wasser, das Elija zur Erschwernis ausgeschüttet hatte.
Das Volk, das Zeuge dieses Wunders ist, wirft sich auf die Erde nieder und ruft: „Jahwe ist Gott, Jahwe ist Gott“. Gott nimmt die Bekehrung des Volkes und des Königs an und und spendet den ersehnten Regen. Von ihm kommt alles Leben – und nicht von den Fruchtbarkeitsgötzen.

Aber der Sieg des Elija ist nur von kurzer Dauer. Königin Isebel droht Elija mit dem Tod und wiegelt das Volk gegen ihn auf.
Wieder muss Elija fliehen. Wieder in die Wüste. Da setzt unsere heutige Lesung ein. Elija glaubt nicht mehr an einen Erfolg seiner Mission. Er hat resigniert. – Allein gegen alle – das funktioniert halt nicht. „Er wünscht sich den Tod“ ( 1 Kön 19,4).

Die Reaktion Gottes auf die Verzweiflung des Propheten fällt seltsam ruhig aus: Keine Erwiderung auf die Klage; kein Tadel für die Schwäche; Brot und Wasser lässt er dem Elija hinstellen durch den Engel: „Steh auf und iss, sonst ist der Weg zu weit für dich“ (1 Kön 19,7).

Und tatsächlich, diese karge Speise, dieses ganz unscheinbare Brot belebt Elija neu, gibt ihm die Kraft, seinen Weg weiter zu gehen.
Zunächst zum Gottesberg Horeb, dem Sinai, wo einst Mose die Zehn Gebote empfangen und den Bund mit Gott geschlossen hatte.
Was dort dem Elija widerfuhr, wie er Gott begegnete, nicht im Sturm, nicht im Erdbeben, nicht im Feuer, sondern in einem stillen, sanften Säuseln; wie dann Elija am Ende seines Lebens das Ziel seines Weges erreicht, wie er zu Gott in den Himmel aufgenommen wird – das lesen Sie bitte selber nach!

Mir erlauben Sie zum Schluss noch zwei Folgerungen aus der Gestalt des Elija für uns:

Leidenschaft für Gott.
Leidenschaftlicher Eifer für Gott und die Sache Gottes und den Bund mit Gott, das hat Elija umgetrieben. Faule Kompromisse, sich arrangieren mit dem Zeitgeist, sich anpassen an den Mehrheitsgeschmack, das gab’s für ihn nicht. Gott war ihm heilig.
An solchen Gottesmännern mangelt es der Kirche, dem Gottesvolk heute.
Erzbischof Johannes Dyba, der Bekennerbischof unserer Tage, sagte einmal:“Unsere Kirche in Deutschland ist dadurch geprägt, dass sie enorm viel Geld und enorm wenig Mut hat“. – Geld für Institutionen, Gremien, Tagungen, Komitees, Papiere, das haben wir im Überfluss. Damit allein aber werden wir unserem Auftrag, Salz der Erde und Licht der Welt zu sein, nicht gerecht. Was wir unserer Zeit schulden , das ist ein entschiedenes, ja leidenschaftliches Zeugnis für Gott; und nicht eine laue, verbürgerlichte, angepasste Wohlstandsreligion.

Der Notproviant des Glaubens.
Ohne das Brot vom Himmel hätte es Elija nicht mehr geschafft, wäre der Weg zu weit für ihn geworden. Das ist ein Vorausbild, eine Verheißung für jenes Himmelsbrot, vom dem Jesus im Evangelium spricht:
„Ich bin das Brot des Lebens. Wer von diesem Brot isst, wird in Ewigkeit leben. Das Brot, das ich gebe, ist mein Fleisch, ich gebe es hin für das Leben der Welt“ (Joh 6,48.51).
Dieses Brot ist äußerlich genauso karg und unscheinbar wie das Brot für Elija.
Aber es hat – nach dem Wort des Herrn – ebensolche Lebenskraft. Und wir brauchen es genauso wie Elija, damit wir auf unserem Lebensweg und auf unserem Glaubensweg in einer weithin entchristlichten Welt nicht schlapp machen, sondern unbeirrt von Tag zu Tag weitergehen können.
Die Eucharistie ist sozusagen unser Notproviant, unser himmlischer Überlebensproviant. Wir brauchen diese Speise – sonst ist der Weg zu weit für uns.

Amen.

Anmerkung: Wer mehr über Elija und die Geschichte Israels erfahren möchte, wird beim Orden der Karmeliter (die ihre Tradition auf Elija gründen) fündig!