Das verheissene Heil

Predigt zum Ersten Advent

„Advent“ kommt vom lateinischen „adventus“ und heißt zu deutsch: Ankunft.
Advent heißt: Warten auf die Ankunft Jesu Christi; warten auf das Fest seiner Geburt.
Wir sollen Jesus, dem Erlöser, entgegengehen und unser Herz neu dem Glauben öffnen.

Liebe Gemeinde, fragen wir einmal: Wer hat eigentlich vor zweitausend Jahren jenes Kind erwartet, das aus der Jungfrau Maria geboren werden sollte?
Es gab in der ganzen Menschheit immer schon eine Sehnsucht nach Erlösung und Heil, doch nur im Volk des Alten Bundes, in Israel, wurden die Menschen durch Gottes Offenbarung auf einen kommenden Erlöser, auf den Messias vorbereitet.
Schon der Stammvater des auserwählten Volkes, Abraham, erhielt die Verheißung: „Durch deinen Nachkommen sollen Segen empfangen alle Völker der Erde“ (Gen 22,17; Gal, 3,16). Abraham glaubte an diese Verheißung, die sich erst 2000 Jahre später in Jesus Christus erfüllen sollte.
Die Propheten waren es vor allem, die in Israel die Erwartung des Messias lebendig hielten. Darunter besonders jener große Prophet, aus dem jetzt in der Adventszeit und an Weihnachten in der Kirche oft vorgelesen wird: Jesaja.
Um 700 vor Christus lebte und wirkte Jesaja in Jerusalem. Wie alle Propheten, alle Gottesmänner wurde er von seinen Zeitgenossen meist nicht verstanden. Und vielleicht hat er selbst manche Vision nicht verstehen können. Etwa als ihm gezeigt wurde, dass der Messias von einer Jungfrau geboren werden würde: „Seht, die Jungfrau wird ein Kind empfangen, einen Sohn wird sie gebären. Er wird der Immanuel, der Gott-mit-uns sein“ (Jes 7,14). Gott offenbarte hier im Voraus, dass er die Geburt des Messias durch ein besonderes Zeichen anzeigen werde, das Wunder der Jungfrauengeburt.
Noch anderes Merkwürdige erfuhr Jesaja über den künftigen Messias. Zum Beispiel, dass er nicht ein siegreicher Triumphator, ein mächtiger König wie David oder Salomo sein würde, sondern dass er als leidender Gottesknecht seine Mission zu erfüllen hat: „Er wird verachtet und von den Menschen gemieden, ein Mann voller Schmerzen, mit Krankheit vertraut. Aber er hat unsere Krankheit getragen und unsere Schmerzen auf sich geladen. Er wurde durchbohrt wegen unserer Verbrechen, durch seine Wunden sind wir geheilt“ (Jes 53).

So schrieb Jesaja Jahrhunderte vor Christus, aber man verstand es nicht. Jesu eigene Jünger konnten und wollten es nicht verstehen, dass der Messias, der Sohn Gottes, leiden und schmachvoll sterben sollte. Sie erhofften sich – wie viele andere in Israel – die Befreiung von den Römern, von der verhassten Besatzungsmacht. Sie erträumten sich ein neues Königreich Israel mit dem Messias auf dem Thron Davids.
Immer wieder muss Jesus diese Vorstellung korrigieren: „Ja, ich bin ein König.- Ich bin der verheißene Messias. Aber mein Reich ist nicht von dieser Welt“ (Joh 18,36-37).
Erst nach der Auferstehung Jesu geht es den Jüngern auf: „Musste nicht der Messias all das erleiden, um so in seine Herrlichkeit einzugehen?“ (Lk 24,26)

Zu denen, die zur Zeit des Kaisers Augustus in Israel auf den Messias warteten, gehörte auch ein Mädchen in Nazareth: Maria – hebräisch „Mirjam“. Ihre Eltern, Joachim und Anna, stammten beide aus dem königlichen Geschlecht Davids, dem der Messias verheißen war. Schon als Kind war Maria von ihren Eltern in die Jerusalemer Tempelschule gegeben worden. Dort wurde sie in die heiligen Schriften des Alten Testaments, in die Überlieferungen Israels eingeweiht. Sie betete – wie es in Israel üblich war – an jedem Sabbat um das Kommen des Messias. Aber dass sie selbst zur Mutter des Messias ausersehen war, das konnte sie nicht ahnen. Als ihr dann der Engel Gabriel diese Botschaft bringt, da versteht sie nicht, wie das geschehen soll, aber sie sagt im Glauben Ja: „Mir geschehe nach deinem Wort“ (Lk 1,38). Und nach und nach geht ihr auf, dass sich jetzt erfüllen soll, worauf Israel seit Jahrtausenden gehofft hat, was die Propheten angekündet hatten: die Zeit des Heils, die Ankunft des Erlösers. Und bei der Begegnung mit Elisabeth bricht Maria dann in  den messianischen Jubel des Magnifikat aus: „Meine Seele preist die Größe des Herrn, und mein Geist jubelt über Gott meinen Retter. Denn auf seine niedrige Magd hat er geschaut…Gott nimmt sich seines Knechtes Israel an und denkt an sein Erbarmen, das er unseren Vätern verheißen hat, Abraham und seinen Nachkommen auf ewig“ (Lk 1,46-55). Dieses Magnifikat atmet ganz den Geist und die Sprache des alten Bundes, besonders die Hoffnung der Propheten. Und so schließt sich der Kreis, der in Abraham, dem Vater des Glaubens, seinen Ausgang nahm. Und es öffnet sich ein neuer, größerer Kreis, der jetzt nicht mehr nur Israel, sondern alle Völker der Erde einschließt. – Der neue und ewige Bund in Jesus Christus.
Dazu gehören auch wir.- Die Messe, die wir jetzt feiern, ist die Bundesfeier des Gottesvolkes.
Lernen wir von den großen Zeugen des Glaubens, an Gottes Verheißungen zu glauben.
Gott betrügt nicht.- Sein Wort erfüllt sich, auch wenn der äußere Augenschein lange Zeit dagegen zu sprechen scheint. Man muss Geduld haben, man muss warten und wachen können in unbeirrbarer Hoffnung.
Hoffnung auf Gott, unbeirrbare Hoffnung auf unseren Herrn Jesus Christus ist die Tugend, die der Advent uns lehrt. Lassen wir uns davon neu erfassen in dieser Adventszeit!

Amen.