Predigt zum Dritten Adventssonntag (B)
Wir haben vorhin in der Lesung einen Abschnitt aus dem ersten Brief an die Thessalonicher gehört, und zwar den Schluss des Briefes, wo der Apostel Paulus ein paar grundlegende christliche Lebensregeln auflistet.
Schauen wir uns einige dieser Maximen zum Leben des Christen ein wenig an.
Es beginnt mit einer Aufforderung – oder besser gesagt: einer Einladung – zur Freude:
„Freut euch zu jeder Zeit“! (1 Thess 5,16)
Freude soll das Erste, das Primäre im Leben des Gläubigen sein.
Warum? ?
Weil Christsein Erlöstsein heißt.
Christentum ist nicht in erster Linie ein Moralkodex, ein System von Geboten und Verboten, sondern es ist: Erlösungsbewußtsein.
Gott hat die verlorene Menschheit durch seinen eingeborenen Sohn von den Mächten der Sünde und des Todes befreit, – das ist das „Evangelium“, die Frohbotschaft des Glaubens. Nichts anderes ist es, was wir an Weihnachten feiern werden. Gott hat uns seinen geliebten Sohn geschenkt und mit ihm alles, was wir zu unserer Seligkeit brauchen. Dieses große Ja Gottes zu uns sollte unser ganzes Leben überstrahlen. – Wir dürfen es uns durch nichts und niemanden verdunkeln lassen.
Ein unfehlbarer Weg, sich die Freude zu verderben, ist es, wenn man sich zu sehr am Negativen in der Welt und an anderen Menschen aufhält. Wenn man über das Nein der Menschen nicht hinwegkommt, andern ihr Versagen, ihre Schuld nicht vergeben und vergessen kann.
Gottes Geist ist Ja-Geist, Geist der Bejahung, Geist des Vergebens und des Erbarmens. Wenn wir uns davon anstecken und immer mehr prägen lassen, werden wir zur Freude fähig.
„Betet ohne Unterlaß“ – so lautet der zweite Rat des Apostels (1 Thess 5,17).
Ohne Unterlaß beten, das bedeutet: Die Verbindung zu Gott niemals abreißen lassen. Keinen Tag vergehen lassen, ohne an Gott gedacht und zu Gott gesprochen zu haben. Gott ist ja da, auch wenn er unsichtbar ist. Er ist wirklich da: „Jahwe“ – „Ich bin da“ – das ist sein Name für alle Zeiten. Gott ist da: Er sieht uns, er kennt uns, er ruft uns, seine Kinder. In der Verbundenheit mit ihm dürfen wir unseren Weg gehen. Das ist unser großes Privileg, dass wir nicht ohne Gott unser Dasein fristen müssen.
Das Gebet ist die Seele des Glaubens, der wirklichen Gottverbundenheit. Ein Meister des Gebets, der Heilige Benedikt, gibt dazu den Rat: „Lieber öfter kurz, als selten lang beten“. – Immer wieder im Verlauf des Tages mit einer kurzen Anrede sich an Gott wenden, mit einer Bitte, einem Dank, einem Wort der Reue, so bleibt man im lebendigen Gespräch mit Gott und verfällt nicht der so verbreiteten Gottvergessenheit.
„Dankt für alles“, heißt es im Brief weiter, „denn das will Gott von euch, die ihr Christus Jesus gehört“ (1 Thess 5,18).
Gott für alles danken – das heißt: Für das Schöne und Beglückende ebenso danken wie für das Schwere und Leidvolle.
„In Wahrheit ist es würdig und recht, dir allmächtiger Vater, immer und überall zu danken durch unseren Herrn Jesus Christus“ – so heißt es in jeder Eucharistiefeier, wobei Eucharistie selbst „Danksagung“ heißt.
Gott „immer und überall“ danken, das bedeutet: Den Glauben aufbringen, dass Gottes Vatergüte alles verantwortet, was mir begegnet, das Schöne und das Schwere. Gott weiß, warum es so sein muß und nicht anders. Sein Wille geschehe. – Solches Danken in jeder Lebenslage ist letzte Konsequenz unseres Glaubens, unseres felsenfesten Vertrauens in Gottes Vorsehung und Liebe.
„Löscht den Geist nicht aus“, lautet eine weitere Regel (1 Thess 5,19).
Das könnte man vielleicht so übersetzen: Laßt die Seele nicht verhungern! Sorgt auch für geistige Nahrung. – Der Mensch lebt nicht vom Brot allein. Er ist wesentlich ein geistiges Wesen. Er darf nicht geistig – religiös verkümmern.
Dazu braucht er Zeiten des Zurückgezogenseins, des Nachdenkens, die Möglichkeit zu ernsthaften Gesprächen, die Beschäftigung mit geistigen Inhalten und nicht zuletzt: die Verkündigung und die Sakramente der Kirche.
Das alles ist viel notwendiger als Jogging und Gymnastik. Weil es den inneren Menschen, unser geistiges Ich aufbaut.
Den Geist nicht auslöschen, sondern im Gegenteil anfachen, das sollen wir nicht nur bei uns selbst, sondern auch bei anderen tun. Wichtig ist das zum Beispiel für Eltern.
Schon bei Kindern kann der Heilige Geist sich melden, eine besondere Freude an Gott und der Religion wecken. Wenn sich das zeigt, dann bitte nicht den Wind aus den Segeln nehmen, nicht dämpfen, behindern, beargwöhnen; sondern mitziehen, den religiösen Keim behüten und pflegen, glaubensfreundliche Bedingungen schaffen!
Der Apostel Paulus schließt seine Lebensregeln mit einer Zusage: „Gott, der euch beruft, ist treu“ (1 Thess 5,24).
Gottes Ruf, mit dem er jeden einzelnen von uns gerufen hat, steht am Anfang, seine Treue am Ende. Sie bleibt bestehen, selbst wenn wir untreu werden, wie Paulus an anderer Stelle sagt (2 Tim 2,13).
Darum dürfen wir immer wieder neu anfangen mit dem Christsein, um mehr und mehr zu entdecken, was es heißt, dass er uns „aus der Finsternis in sein wunderbares Licht gerufen hat“ (1Petr 2,9).
Amen