Was ist Liebe?

Predigt zum 4. Sonntag im Jahreskreis C (1 Kor 13)

Frage: Was ist Liebe?
Antwort: Schmetterlinge im Bauch! – So jedenfalls die spontane Meinung von Schülern einer neunten Klasse.
Jeder von uns weiß, dass das nicht die richtige Antwort sein kann. Liebe – ein Kribbeln von Zeit zu Zeit in der Magengegend.
Das kann nicht alles und das Eigentliche sein.
Ein schönes Gefühl, ein romantisches Gefühl, vielleicht sogar ein Gefühlsrausch.
Aber auf den Rausch folgt oft der Kater. Und Gefühle sind launisch, die kommen und gehen. Aber die Liebe soll doch bleiben.
„Sie hört niemals auf“, sagt der Apostel Paulus in der heutigen Lesung  (1 Kor 13, 8)
Was für ein großartiges Wort: Die Liebe hört niemals auf.
Wie stark muss die Liebe sein?  „Stark wie der Tod ist die Liebe“, heißt es im Alten Testament im „Hohenlied“: „Selbst mächtige Wasser löschen die Liebe nicht aus, auch Ströme schwemmen sie nicht weg“ (Hld 8,6+7).

Das ist echte Liebe. Die hält stand. Die hält etwas aus. Die springt nicht beim ersten Wolkenbruch oder Platzregen davon. Nein, die bietet noch dem Tsunami die Stirn.
Und was hat sie noch für Qualitäten ?  Paulus zählt sie auf:
„Die Liebe ist langmütig, die Liebe ist gütig. Sie sucht nicht ihren Vorteil, sie läßt sich nicht zum Zorn reizen, trägt das Böse nicht nach. Sie erträgt alles, glaubt alles, hofft alles, hält allem Stand“ (1 Kor 13, 5-7).

Nun kann man fragen: Gibt es solche Liebe überhaupt? Sind das nicht nur schöne Worte, ein hohes, aber letztlich unerreichbares Ideal?
Sieht die Wirklichkeit nicht anders aus ?  – Freundschaften und Ehen gehen reihenweise kaputt. Die Gesellschaft  „versingelt“. Immer mehr leben als Single – also allein – weil wir – so heißt es – das Miteinander-Auskommen verlernt haben.
Darum spart man sich auch mehr und mehr die Kinder. Auch die Elternliebe ist zur Mangelware geworden. Und in den Pflegeheimen sitzen die vergessenen Alten.
Liebe – so viel beschworen in unserer Zeit wie nie zuvor – sie ist rar geworden.

Nun sagt Paulus etwas, das wir nicht überhören dürfen – als Vorwort zu seinem Hymnus auf die Liebe:
„Strebt nach den höheren Gnadengaben“ (1 Kor 12,31).
 Die Liebe ist:  Gnadengabe und zwar die höchste Gnadengabe. Sie ist – ebenso wie der Glaube und die Hoffnung – zuerst und zunächst ein Geschenk Gottes und zwar ein völlig unverdientes Geschenk.
Das heißt: Wer Liebe haben will, der muss sie sich zuerst einmal von Gott geben lassen. Der muss sich von Gott geliebt wissen, in Gottes Liebe geborgen sein.
Der muss täglich aus der Vergebung Gottes leben dürfen, um selbst großmütig vergeben zu können.
Der muss auf das Kreuz Jesu schauen können, um selber die Last der Nächsten immer aufs neue auf sich zu nehmen.
Der muss auch in Schwierigkeiten Hoffnung haben können, dass sich doch noch alles zum Guten wendet.

DarumWo kein Glaube und keine Hoffnung, da auf Dauer auch keine Liebe.
Deshalb wird es kälter bei uns, darum stumpfen die Herzen ab und verkapseln sich die Menschen in sich selbst. Zuerst verliert man die Verbindung zu Gott – und dann zu den Mitmenschen. Niemand braucht glauben, dass man getrost die Religion, den Glauben über Bord werfen kann und ansonsten bleibt alles beim alten. – Nein, da zieht bald die Unbarmherzigkeit und der Kampf aller gegen alle ein ….

Liebe Gemeinde, wir feiern jetzt Eucharistie.
Sie ist das Geheimnis unseres Glaubens. Sie ist zugleich das Geheimnis der Liebe, der Liebe Jesu.
Jesus hat nicht nur schön von Liebe geredet. Er hat ernst gemacht mit der Liebe und aus Liebe sein Leben hingegeben für die verlorene Menschheit.
„Das ist mein Leib für euch. – Das ist mein Blut, das für euch vergossen wird.“
Wer aus dieser Quelle schöpft, der bleibt in der Liebe Jesu, und der darf immer wieder mit Erstaunen feststellen, dass – trotz aller Unzulänglichkeiten – Liebe möglich ist – auch im eigenen Leben.

Amen.