Predigt zum Ostersonntag
Vor Jahrhunderten gab es in der Kirche einen besonderen liturgischen Osterbrauch, das Osterlachen: „risus pascalis“.
Aus Freude über die Auferstehung Christi sollten an Ostern einmal alle Christen richtig lachen, einmal in fröhliche, heitere Stimmung versetzt werden. Um das zu erreichen, ließen sich manche Priester einiges einfallen. Sie entwarfen ganze Theaterszenen, sogenannte Osterspiele, die dann am Ostertag aufgeführt wurden. „Christus überlistet und besiegt Tod und Teufel“ – so oder ähnlich lautete meist der Titel der Osterspiele. Gezeigt wurde, wie Tod und Teufel – die beiden Erzfeinde des Menschengeschlechts – sich zunächst ins Fäustchen lachen, weil sie den Sohn Gottes ans Kreuz gebracht haben. In Wahrheit haben sie sich damit selbst die Grube gegraben, in die sie nun fallen. Denn mit Christus, der ins Reich des Todes hinabsteigt, zieht Gott selbst in die Unterwelt ein; und das löst ein enormes Erdbeben aus: Die Verließe springen auf, daraus hervor gehen die gerechten Verstorbenen der Vorzeit bis hin zu Adam und Eva, den Stammeltern der Menschheit, und im Triumphzug nimmt der Auferstandene sie alle hinauf ins Paradies – mitsamt dem Schächer, dem er das am Kreuz versprochen hatte („noch heute wirst du mit mir im Paradies sein!“). Tod und Teufel schauen dem allem fassungslos und ohnmächtig zu und kriegen sich am Ende noch gegenseitig in die Haare.
Solche Osterspiele zum Zweck des Osterlachens – man kann sich vorstellen, wenn das temperamentvoll gespielt wurde, da kam schon Stimmung auf – waren bis in die Barockzeit beliebt. (Die Jesuiten taten sich als Stückeschreiber und Regisseure besonders hervor.) Mit der Zeit kam es zu einer gewissen Verflachung des Brauches, mancher Pfarrer meinte, er könne das Osterlachen auch auf einfacherem Weg erreichen, indem er einfach ein paar Witze zum Besten gab. Das war dann wiederum zu simpel, und so verlor sich die Tradition.
Und dennoch gilt auch für uns heute: Wir haben an Ostern Grund zum Lachen, zur Fröhlichkeit, zum Unbeschwertsein. Es gibt so viel Trauriges auf der Welt. Das Erdenleben ist oft so schwer; das Irdische zieht uns mit seiner ganzen Schwerkraft nach unten – all die Sorgen, Ärgernisse und Mühen des Alltags.
An Ostern aber heißt die Richtung nicht nach unten, sondern nach oben!
Nicht den Kopf hängen lassen, sondern sich aufrichten, aufatmen, zum Himmel aufschauen und aufwachen aus aller Gedrücktheit und Niedergeschlagenheit!
Christus ist mit Macht aus dem Grab auferstanden, den schweren Stein hat er weggesprengt, die Grabwächter sind zur Seite gepurzelt – und so will er auch uns mitreißen, im Schwung die Herzen mit nach oben ziehen! So wie es Paulus im Kolosserbrief sagt: „Ihr seid zusammen mit Christus auferweckt; darum strebt nach dem, was im Himmel ist, wo Christus zur Rechten Gottes sitzt. Trachtet nach dem, was droben ist, nicht nach dem, was auf Erden ist!“ (Kol 3,1-2)
„Sursum corda“, wird es nachher in der Eucharistie heißen: „erhebet die Herzen!“ „Habemus ad Dominum“ – „Wir haben sie beim Herrn“:
Liebe Gläubige, sieben Wochen lang – bis zum Pfingstfest – dauert die Osterzeit. Fünfzig Tage erklingt das österliche Halleluja, der biblische Freudenruf: „preiset den Herrn!“. Ostern heißt nicht sich am Ostersonntag zum Kirchgang aufraffen und dann postwendend zur Tagesordnung zurückzukehren, den alten Alltagstrott wieder aufnehmen. Nein, Ostern heißt: als neue, als erneuerte Menschen leben.
Neues Leben und Freude; das sind die Geschenke des Auferstandenen an seine Jünger. Das Evangelium schildert uns ja, wie Christus zu den Aposteln kommt, die sich hinter verschlossenen Türen verbarrikadiert hatten, niedergeschlagen und verängstigt. Und da haucht er sie an, und sogleich erfüllt sie neue Lebenskraft und Freude ergreift sie: „Da freuten sie sich, dass sie den Herrn sahen“ (Joh 20,19-20). Und so sendet er sie dann hinaus – als seine Zeugen vor den Menschen.
Neu belebt und befreit durch die Auferstehung Jesu, so sollen auch wir, seine Jünger heute, leben. Und im Grunde lädt uns auch alles dazu ein, die Natur im Frühling macht es uns doch vor. – Was erstorben, dürr, kahl war, schlägt aus in frischem Grün. Und auch der alte Baum schmückt sich wieder mit jungen grünen Blättern. Lassen wir uns doch von diesem neu erwachenden Leben anstecken. Schmücken wir uns mit dem jungen Grün, das heißt: mit der Hoffnung des Osterfrühlings und leben wir aus der Kraft der Auferstehungsfreude!
Das Wort „Ostern“ wird vom althochdeutschen „Ostara“ hergeleitet und bedeutet: Morgenröte, Morgendämmerung.
An Ostern feiern wir die Morgenröte der neuen Schöpfung, der neuen Welt Gottes. Im Blick auf Christus, den Auferstandenen und in der Gemeinschaft der Gläubigen dürfen wir uns an dieser neuen Schöpfung von Herzen freuen. So wünsche ich ganz bewusst uns allen: „ Frohe Ostern!“
AMEN