OSTERSONNTAG
Wir sind zusammengekommen, um Ostern zu feiern – Ostern, „das Fest der Feste“ genannt, das wichtigste und zentrale, und auch das älteste Fest der Christenheit. Nachdem wir uns in den vierzig Tagen der vorösterlichen Fastenzeit auf diesen Tag vorbereitet haben, nachdem wir in der Karwoche Christus begleitet haben durch Sein Leiden bis ans bittere Kreuz, dürfen wir heute aufschauen zum auferstandenen Herrn, der auch uns ewiges Leben, Leben in Fülle verspricht. Wie dürfen uns in dieser Stunde verbunden wissen auch mit Millionen Christen auf der ganzen Welt, die mit uns den Tag der Auferstehung begehen, und wir dürfen uns verbunden wissen mit der Kirche des Himmels, und einstimmen in den himmlischen Gesang des Halleluja.
In österlicher Freude versammelte Gläubige,
„Gott hat Jesus von Nazareth am dritten Tag auferweckt und hat Ihn erscheinen lassen, und Er hat uns geboten, dem Volk zu verkündigen und zu bezeugen: Das ist der von Gott eingesetzte Richter der Lebenden und der Toten“. So verkündigt es der hl. Petrus in der ersten Osterpredigt der Geschichte, wir haben es vorher in der Lesung aus der Apostelgeschichte gehört. Und das ist die Osterbotschaft bis zum heutigen Tag: Gott hat Jesus von Nazareth auferweckt von den Toten. Gott hat also Seinen geliebten Sohn nicht dem Grab überlassen, nicht der Verwesung überlassen, nicht den Weg allen Fleisches gehen lassen – nein, Er hat Ihn aus dem Tod ins Leben zurückgeholt, aber nicht ins alte Leben, ins vergängliche Leben, sondern in ein neues Leben, in ein göttliches Leben, in ein Leben der Herrlichkeit, hat Christus erhöht und zum Richter eingesetzt, zum Herrn über Lebende und Tote. Die Auferweckung Jesu ist also eine Machttat Gottes. Gott erweist sich als der, der stärker ist als der Tod, Gott erweist sich als der, der die Toten lebendig macht und das Nicht-Seiende zum Sein ruft.
Liebe Brüder und Schwestern, kann man diese Osterbotschaft glauben, oder müssen wir, skeptisch wie Goethes Faust, sagen: „Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube“? Ich meine, diese Auferstehungsbotschaft ist sogar sehr glaubhaft für den, der überhaupt an Gott glaubt. Nicht an irgendeinen nebulösen, selbstgebastelten Gott, sondern an den Gott der Bibel, den lebendigen und wahren Gott. Das ist doch der allmächtige Gott, der Schöpfer des Himmels und der Erde, der lebendige Gott, die Quelle des Lebens, die alles bestimmende Macht, der Erste und der Letzte und der Lebendige – sollte es für diesen allmächtigen Gott unmöglich sein, Seinen geliebten Sohn auferstehen zu lassen? Im Gegenteil – es ist sehr glaubhaft, sehr plausibel, daß Gott Vater das an Seinem Sohn getan hat. So hat Gott Seinen geliebten Sohn durch Leiden und Tod und durch das Grab hindurch zur Herrlichkeit geführt.
Aber was bedeutet nun diese Auferstehungsbotschaft, diese Osterbotschaft für uns? Liebe Gläubige, diese Auferstehungsbotschaft ist das schlechterdings Entscheidende, das, worauf alles ankommt: Die Grundlage überhaupt des ganzen Glaubens, die Grundlage aber auch unserer ganzen Existenz. Von dieser Botschaft der Auferstehung hängt nämlich ab unsere Zukunft, davon hängt aber auch ab – unsere Gegenwart.
Für die Zukunft gilt, was der Apostel Paulus im Thessalonicherbrief sagt: „Wenn Jesus, und das ist unser Glaube, gestorben und auferstanden ist, dann wird Gott durch Jesus auch die Verstorbenen zusammen mit Ihm zur Herrlichkeit führen.“ Mit anderen Worten: Wenn wir zu Jesus Christus, dem Auferstandenen gehören, wenn wir, wie es die Bibel ausdrückt, Glieder Seines Leibes sind – die Kirche ist der mystische Leib Christi, und alle Gläubigen sind ein Glied an diesem Leib, und Christus selbst ist das Haupt des Leibes – wenn wir zu diesem Leib Christi gehören, dann ergreift notwendigerweise die Macht der Auferstehung auch uns, die Glieder dieses Leibes. Dann reißt Christus sozusagen uns alle, die wir zu Ihm gehören, mit hinaus aus dem Machtbereich des Todes, aus dem Grab. So wird Christus genannt in der Bibel: „der Erstling der Entschlafenen“, der Erstgeborene der Entschlafenen. Wer Christus angehört, wer mit Ihm verbunden ist durch den Heiligen Geist, wer mit Ihm verbunden ist durch den lebendigen Blutkreislauf der Kirche, der Sakramente der Kirche, wer mit Christus ein Fleisch geworden ist durch das Geheimnis der heiligen Kommunion – Sein Fleisch, der ist sozusagen angesteckt von dieser Kraft der Auferstehung, und in gewisser Weise unzerstörbar geworden. So sagt es Jesus auch selbst im Evangelium: Ich bin die Auferstehung und das Leben, wer an mich glaubt, wer mit mir innerlich verbunden ist, wird leben, auch wenn er stirbt, und jeder, der lebt und an mich glaubt, wird auf ewig nicht sterben. Ein geheimnisvolles Wort, „wer an mich glaubt, wird auf ewig nicht sterben“ – das heißt doch, das, was nach außen hin wie Sterben aussieht und wie Tod, das ist in Wahrheit etwas ganz anderes, das ist in Wahrheit eine Neugeburt, der Eingang in ein neues Leben, ins Leben bei Christus. Wir werden also, so hoffen wir, im Tod ein zweites Mal das Licht der Welt erblicken, aber diesmal das wahre Licht der Welt, Jesus Christus.
Das also sagt uns Ostern über unsere Zukunft. Aber der Ostersieg Christi prägt darüber hinaus auch schon unsere Gegenwart, unser jetziges Leben. Das war in der Lesung aus dem Kolosserbrief zu hören, diesen wunderbaren Worten: „Ihr seid bereits mit Christus auferweckt, darum strebt nach dem, was im Himmel ist, wo Christus zur Rechten Gottes sitzt. Denn euer Leben ist mit Christus verborgen in Gott.“ Christus ist im Himmel zur Rechten Gottes, und von dort behütet Er Seine Gläubigen, Er ist sozusagen die Sonne unseres Lebens. Sein Licht leuchtet immer über uns, und Seine wärmenden Gnadenstrahlen gehen immer, jeden Tag, auf uns nieder. Wir müßten uns nur einmal wieder richtig aufrichten und nach oben schauen. So sagt es ja auch Paulus: „Trachtet nach dem, was droben ist, richtet euren Sinn auf das Himmlische, nicht auf das Irdische“, schaut einmal wieder auf zu Christus, der Sonne eures Lebens, und stellt euch voll hinein in Sein Licht. Und wenn wir von diesem Licht manchmal nichts zu spüren meinen, dann liegt es nicht an Christus, dann liegt es an den Wolken unserer selbstgemachten Sorgen und Ängste und unserem Kleinglauben. Dahinter aber ist immer die Sonne der Gerechtigkeit. – Aber manchmal passiert es auch, daß der Heilige Geist sich unser annimmt, und mit einem Mal alles wegfegt, was sich zwischen uns und Christus gestellt hat, das ganze selbstgemachte Wolkengebräu, sodaß der Herr wieder voll durchstrahlt.
Neulich las ich einen Artikel über Zeitgenossen, die mit dem Osterfest nichts anfangen können, denen die Auferstehung nichts bedeutet. Überschrift: Menschen ohne Ostern. – Ein schlimmes Wort, finde ich, und eine furchtbare Vorstellung, als Mensch ohne Ostern, das heißt, ohne den auferstandenen Christus, sein Leben fristen zu müssen. Und wenn man alles hätte, liebe Gläubige, alle Güter dieser Welt, Gesundheit, Geld, ein Häuschen, eine Familie, und Spaß darüber hinaus – ohne Christus wäre das alles nichts, schal, leer und umsonst und traurig. Nein, um nichts in der Welt möchte ich den Osterglauben, das heißt, die Verbundenheit mit Christus im Himmel, gegen irgendetwas anderes eintauschen – das hieße soviel, wie eine unbezahlbare, kostbare Perle eintauschen gegen ein paar billige bunte Glassteine… Und wieviele geben sich heute zufrieden mit diesen billigen Glassteinen!
Seien wir also von Herzen froh, daß Christus Seine Hand auf uns gelegt hat, daß Er uns die Glaubensgnade ins Herz hineingesenkt hat, und tun wir auch etwas für unseren Glauben: Trachtet nach dem, was droben ist, sucht Gott, sucht Sein Angesicht. Begehen wir also heute das Fest der Auferstehung in der Gemeinschaft mit den Millionen Gläubigen in aller Welt, die Christus, der Auferstandene, segnen möge, wie auch uns. Amen.