Thematische Predigt zum Schmerzhaften Freitag auf dem Palmbühl am 26. März 1999
Liebe Gläubige,
Wir wissen, daß jetzt in dieser Stunde nur einige wenige hundert Kilometer von uns entfernt Bomben und Raketen niedergehen. Es ist wiedereinmal Krieg. Vielleicht ein unvermeidlicher, aber eben Krieg. Krieg mitten in Europa, in dem Gebiet, in dem im Jahre 1914 der Erste Weltkrieg entbrannte. Mit einem Krieg verabschiedet sich die Welt, verabschiedet sich Europa vom 20. Jahrhundert. So weit hat es also der Mensch gebracht mit all seinem Fortschritt, seiner Technik und Wissenschaft.
Wie viele sog. „moderne Menschen“ haben den Glauben an Gott mit dem Glauben an den Fortschritt vertauscht. Die Menschen fliegen auf den Mond – was braucht es da noch einen Gott? Fortschritt ist schön und gut. Fortschritt ist aber auch der Fortschritt vom Faustkeil zur Atomrakete. – Kann man darauf stolz sein?
Kein Jahrhundert der Menschengeschichte hat eine solche Masse von Kriegsopfern hervorgebracht: von Gefallenen, von Zerbombten, von Vertriebenen, von Kriegswaisen und Witwen wie das unsere. Nicht wenige von Ihnen sind ja selbst Betroffene, Sie haben den 2. Weltkrieg mitgemacht, vielleicht den Mann, den Sohn, den Bruder, die Heimat, die Gesundheit verloren. Man hatte gehofft, die Menschheit sei danach klüger geworden. Würde sich jetzt zum Frieden, zur Gewaltlosigkeit, zur Humanität bekennen. Irrtum. – Die Völker haben sich – von den Großmächten bis zum kleinsten afrikanischen Stamm hochgerüstet wie noch nie zuvor. Und heute sitzt die Menschheit auf einem Pulverfaß. Und weh uns, wenn es einmal bei jemandem im Kreml einen Kurzschluß gibt. Oder wenn irgend ein Terrorregime an Atomwaffen kommt.
Der Friede kann noch so oft beschworen werden – und wer in dieser Welt beteuert nicht seine Friedensliebe? Die Menschheit findet aus sich heraus nicht zum Frieden. Dazu ist die Selbstsucht, die Machtgier, die Unversöhnlichkeit zu tief im menschlichen Herzen eingewurzelt. „Aus dem Inneren des Menschen kommt das Böse“, sagt Jesus. Da liegt die Wurzel des Übels, der Krankheitsherd. Auch der Krieg kommt letztlich davon. Vom verhärteten Herz und verfinsterten Sinn.
Und es gibt viele Kriege im Großen und im Kleinen. Wenn 200.000 Kinder bei uns pro Jahr nicht das Licht der Welt erblicken dürfen – und abgetrieben werden, ist das kein Krieg, ist das keine Gewalt? Wenn jede 3. Ehe bei uns geschieden wird – wie ist es dann bestellt um unsere Fähigkeit Frieden zu halten, miteinander auszukommen ,sich zu versöhnen? Merken wir nicht, daß es hier an allen Ecken und Enden unserer modernen Gesellschaft krankt, kaputt ist?
Liebe Palmbühlpilger,
Maria ist die Königin des Friedens. So rufen wir zu ihr in der „Lauretanischen Litanei“. Warum ist Maria die Königin des Friedens? Weil sie der Welt den König des Friedens geschenkt hat. Dieser König trägt die Dornenkrone. An seinem eigenen Leib hat der Sohn Gottes die ganze Gewalt und Grausamkeit und Verblendung der Menschheit aushalten müssen. Wie ein Opferlamm hat er sich töten lassen. So zeigt Maria ihn uns auf dem Gnadenbild des Palmbühls. Von diesem Opfer Christi aber kommt der Friede her. Paulus sagt: „Christus hat Frieden gestiftet am Kreuz durch sein Blut“. Der Friede Christi ist keine Beschwörungsformel, keine hohle Phase, er ist Realität. Das erfährt jeder, der glaubt. Das erfahren auch viele, die hierher zum Palmbühlkirchlein kommen und das haben unzählige erfahren, die seit dem Dreißigjährigen Krieg hierher gekommen sind. Hier ist ein Ort des Friedens, wie ihn die Welt nicht geben kann.
Seien wir dankbar für diesen Frieden! Aber bitten wir auch daraum, daß er die Herzen der anderen erreicht, besonders der jungen, so orientierungslosen Generation. Bitten wir, daß das nächste Jahrhundert nicht unter dem Zeichen des Kriegs steht (wie das unsere) sondern unter dem Zeichen Christi, des Erlösers.
Amen