Predigt zum Ostermontag (Joh Lk 24, 13-35)
Nach den Worten des Apostel Paulus, die wir in der Lesung gehört haben, ist das Evangelium von der Auferstehung Jesu „der Grund auf dem ihr steht“ (1 Kor 15,1).
Die Auferstehung Christi ist also nicht irgendeine Glaubenswahrheit neben anderen, sie ist schlechthin das Fundament unseres Glaubens, der Grund unserer Hoffnung, die Basis unserer ganzen christlichen Existenz.
Und was besagt nun dieses Evangelium? Dass Christus für uns – für jeden einzelnen von uns – den Tod – und zwar den wirklichen Tod bis ins Grab hinein – erlitten hat; dass er aber am dritten Tag machtvoll vom Tod auferstanden ist zum göttlichen Leben; dass er mit Gott dem Vater lebt und herrscht in Ewigkeit und beim Vater für uns – für jeden einzelnen von uns – eintritt (1 Kor 15, 3-5; Röm 8,34).
Osterglaube heißt: wissen, dass Christus lebt, dass er der Herr ist und mit uns geht und bei uns ist bis zum Ende der Welt. So wie er es den Aposteln nach seiner Auferstehung zugesagt hat: „Seid gewiss, ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt!“ (Mt 28,20 – das letzte Wort im Matthäusevangelium).
So sagt unser christlicher Glaube. – Aber können wir das auch erleben und erfahren, dass Jesus, der Auferstandene, wirklich lebt und bei uns ist?
Auf diese Frage antwortet das heutige Evangelium.
Da sind die beiden Jünger auf dem Weg nach Emmaus; nach der Kreuzigung Jesu niedergeschlagen und traurig und zugleich voller Sorgen und Ängste. Und dann heißt es: „Jesus kam hinzu und ging mit ihnen. Doch sie waren wie mit Blindheit geschlagen, so dass sie ihn nicht erkannten“ (Lk 24,16).
Ergeht es uns möglicherweise auch manchmal so? – Dass Jesus zu uns kommt und mit uns geht und wir das gar nicht erkennen? – Wenn wir so oft meinen, er ist nicht da, er lässt uns allein, dann liegt das gewiss nicht am Herrn, es liegt an unserer eigenen Blindheit.
Wir müssen viel aufmerksamer sein, hellhöriger für das, was in unserem Leben passiert. Wir müssen mit dem Herrn rechnen in den Ereignissen und Begegnungen unseres Lebens, auch bei Menschen, die er uns als Begleiter mit auf den Weg schickt oder die er scheinbar zufällig unseren Weg kreuzen lässt.
Solche Wegbegleiter, die der Herr uns gibt, können der Ehepartner, ein Freund, ein Angehöriger sein. Es kann aber auch einmal eine flüchtige Begegnung, ein beiläufig hingeworfenes Wort sein, das uns Kraft und Mut gibt, weiterzugehen und weiterzumachen.
Und umgekehrt gilt: Auch ich muss dem anderen Wegbegleiter und Helfer im Leben und Glauben sein. – Der Herr braucht mich dafür! Im Glauben gilt wie im Leben: Der Mensch braucht das Du und das Wir. Allein für sich kommt keiner weit. Darum gibt es die Gemeinschaft der Glaubenden, die Kirche.
Und wenn wir uns als Gemeinschaft der Gläubigen zum Gottesdienst versammeln, dann müssen wir auch hier ganz aufmerksam, hellwach sein. Auch hier in der Kirche kann es nämlich passieren, dass ein Wort fällt, das ganz speziell mir gilt und das mir Antwort gibt auf meine Frage, wenn ich es nicht überhöre, sondern wie einen Schatz berge und mit mir nehme! Mit dieser Erwartung sollten wir immer in den Gottesdienst gehen. Denn so ging es den Jüngern von Emmaus: Christus legt ihnen die Heilige Schrift aus. Später sagen sie: „Brannte uns nicht das Herz in der Brust, als er unterwegs mit uns redete und uns den Sinn der Schrift erschloss?“ (Lk 24, 32) Wenn wir mit offenem Herzen das Wort Gottes hören, dann wird uns immer wieder ein Wort wie ein Brandpfeil mitten ins Herz treffen. Auch bei der persönlichen Bibellektüre kann das geschehen. Ein Kirchenvater (Isidor von Sevilla) sagt: Wenn wir beten, dann sprechen wir mit Gott. Wenn wir die Schrift lesen und hören, dann spricht Gott zu uns.
Das Wort Gottes ist die geistige Nahrung, die wir brauchen, um als Christen leben, überleben zu können. „Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, er lebt von jedem Wort, das aus Gottes Mund kommt“ (Mt 4,4). So wichtig, so notwendig wie das tägliche Brot ist für uns Gottes Wort, davon leben wir. „Herr, zu wem sollen wir gehen?“, fragt Petrus einmal. „Du hast Worte des ewigen Lebens!“ (Joh 6,68).
Christus handelt an uns in den Ereignissen unseres Lebens, er begleitet uns durch Menschen, er spricht zu uns in seinem Wort. Doch es gibt noch eine andere Weise, wie der Herr bei uns ist. Wenn wir wieder auf unser heutiges Evangelium schauen: Da passiert das Entscheidende, als Christus den Jüngern das Brot bricht und es ihnen so gibt wie beim letzten Abendmahl. Da endlich, so heißt es, „gingen ihnen die Augen auf und sie erkannten ihn“ (Lk 24,31). Was bis dahin nur Ahnung war und Gefühl im Herzen, das wird nun zu Gewissheit: Der Herr lebt!
Wir lernen daraus: Wenn wir Jesus wirklich erkennen wollen, ihn sicher bei uns haben wollen, dann müssen wir ihn in der Eucharistie suchen. Dazu hat er sie seinen Jüngern als sein kostbarstes Vermächtnis am Abend vor seinem Leiden hinterlassen.
„Das ist mein Leib für euch“, das ist mein Leben für euch, das ist meine Liebe für euch. – „Tut dies zu meinem Gedächtnis!“ (1 Kor 11,24) – Tut dies, damit ihr mich nicht vergesst und verliert, damit ich nicht aus eurem Leben verschwinde. – Tut dies, damit ihr immer wisst: Ich bin bei euch und gehe mit euch auf allen Wegen bis zum Ende der Zeit.
Liebe Gläubige, die Jünger hält es, nachdem sie ihren Herrn beim Abendmahl erkannt haben, nicht mehr in Emmaus. Sofort machen sie sich auf und eilen zurück nach Jerusalem zu den anderen, um ihnen die Frohbotschaft zu bringen. Sie können das Große, das sie erlebt haben, nicht für sich behalten, sondern müssen es mit den anderen teilen.
So ist der Weg nach Emmaus, der so traurig begann, ein Weg zur Freude geworden und zur gemeinsamen Feier. Diesen Weg, den Jesus auch uns verborgen führt, wollen wir jetzt gemeinsam feiern.
Amen.