Ich bin die Auferstehung und das Leben

Predigt zum 5. Fastensonntag (A)

n den Sonntagen der Fastenzeit werden umfangreiche Evangelien verlesen, bis wir dann am Palmsonntag und am Karfreitag die ganze Passionsgeschichte hören und in der Osternacht mehrere zentrale Lesungen aus der alttestamentlichen Heilsgeschichte.
Die vorösterliche Bußzeit will so etwas sein wie ein christlicher Elementarunterricht. – Ursprünglich in der frühen Kirche wurden ja in diesen Wochen vor Ostern die Taufbewerber, die Katechumenen, im Glauben unterrichtet, damit sie sich dann in der Osternacht bei ihrer Taufe bewusst zum Glauben der Kirche bekennen konnten.

Etwas von diesem katechetischen Charakter der Fastenzeit hat sich bis heute erhalten. Die Christen sollen sich in dieser Zeit vermehrt mit dem Glauben beschäftigen, sich in die Lehren des Christentums einführen lassen, damit sie dann bei der Tauferneuerung an Ostern aufs Neue bewusst Ja zu Gott und zu Jesus Christus sagen können.
Im heutigen Evangelium wird uns die Kernbotschaft des christlichen Glaubens vor Augen gestellt: die Auferstehung der Toten und das Ewige Leben. Im Gespräch mit Martha spricht Jesus diese Wahrheit mit Nachdruck aus, und er demonstriert sie unmittelbar durch die Auferweckung des Lazarus.

Martha ist von Haus aus eine fromme Jüdin. Sie glaubt an eine Auferstehung der Toten am Ende der Zeiten, am Jüngsten Tag.
Jesus überbietet diese Vorstellung:
„Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt und jeder, der lebt und an mich glaubt, wird auf ewig nicht sterben“ (Joh 11,25).

Das heißt: wer an Christus glaubt – wer zu Christus gehört – über den hat der Tod seine Macht verloren; für den gibt es nicht erst eine Auferweckung am Letzten Tag, sondern der geht schon im Tod ins Leben ein – und zwar in ein ewiges, verherrlichtes Leben.
Der Tod also kein Untergang, sondern ein Übergang, nicht exitus, sondern transitus.
Es heißt ja sogar: „wer an mich glaubt, der wird nicht sterben“.
Das also, was nach Außen wie Sterben aussieht, ist in Wirklichkeit gar kein Sterben; sondern das Gegenteil von Sterben: die Geburt zum neuen Leben. – Darum kann der Apostel Paulus Christus den „Erstgeborenen der Toten“ nennen (Kol 1,18).
Wir werden – so betrachtet – ein zweites Mal das Licht der Welt erblicken, und zwar Christus, der das wahre Licht der Welt ist.

Der große Kardinal Faulhaber hat – sinngemäß – gesagt: Wenn man nichts vom Christentum wüsste als allein die Botschaft vom Ewigen Leben, dann wäre dies schon Grund genug, jeden Tag für den Glauben zu danken.- Was wären wir ohne diese Hoffnung? – Ganz arm dran…

Nun gehört allerdings zur Auferstehung und zum Ewigen Leben eine entscheidende Voraussetzung: Jesus Christus.
Das ewige Leben ist nicht etwas, was der Mensch aus sich selbst hat. Es kommt einzig und allein von Christus, dem Sohn Gottes her:
„Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, der wird leben“. Lazarus wäre nicht von allein aus dem Grab herausgekommen. Jesus musste ihn mit lauter Stimme rufen:
„Lazarus, komm heraus!“ (Joh 11,43) Nur wenn Jesus uns ruft, kommen wir vom Tod zum Leben, werden wir zum neuen Leben erweckt.
Der Apostel Paulus sagt in der heutigen Lesung: „Wenn der Geist dessen in euch wohnt, der Jesus von den Toten auferweckt hat, dann wird er, der Christus Jesus von den Toten auferweckt hat, auch euren sterblichen Leib lebendig machen, durch seinen Geist, der in euch wohnt“ (Röm 8,11).
Also: Wes Geistes Kind der Mensch ist, das ist die entscheidende Frage – das entscheidet über das ewige Leben.
Ist der Mensch hier und jetzt schon auf Gott ausgerichtet – im Denken und Tun – dann darf er hoffen, auch einst bei Gott anzukommen.
Hat er sich aber von Gott abgekehrt, dann stimmt der Kurs ganz und gar nicht und müsste dringend korrigiert werden.
Angelus Silesius sagt es so:

„Mensch, was du liebst, in das
wirst du verwandelt werden.
Gott wirst du, liebst du Gott
und Erde, liebst du Erden!“

Der Auferstehungsglaube ist also kein billiger Zweckoptimismus nach dem Motto: „Wir kommen alle, alle, alle in den Himmel…“
Vielmehr appelliert das Christentum mit aller Dringlichkeit an den Menschen: Wähle hier und jetzt den rechten Weg, den Weg , der zum Leben führt!
Es kommt darauf an, dass wir mit Christus verbunden sind, in einer lebendigen Beziehung stehen, dass wir zu seinen Freunden gehören so, wie Lazarus sein Freund war.
Das ist der Grund, warum wir uns heute wieder zur Messe versammelt haben. In jeder Eucharistie wird der neue und ewige Bund mit Gott erneuert. Die Messe ist die Bundesfeier der Christen. Hier schließt Christus – wie Papst Benedikt es sagt – „Blutsbruderschaft“ mit uns. Wir werden eingefügt in den Leib Christi und sind damit in das Leben der Auferstehung hineingenommen. Wir haben Gemeinschaft – Kommunion – mit dem Herrn. Deshalb ist gerade die Heilige Messe – wieder mit einem Wort des Papstes – „im Kern die Antwort auf die Todesfrage“.
Wenn wir hier zu Christus gehören, dann werden wir auch in der Ewigkeit bei ihm sein: „Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, der hat das ewige Leben und ich werde ihn auferwecken am letzten Tag“ (Joh 6,54). Wie an Lazarus, seinem Freund, wird der Herr auch an uns, den Gliedern seines Leibes, handeln. Lassen wir uns das heute neu zusagen. Schließen wir uns eng an Christus, unser Leben, an und vertrauen auf ihn. Dann dürfen wir auch das Fest der Auferstehung an Ostern wirklich befreit und voller Hoffnung begehen.

Amen.