Fronleichnam
In seinem Buch „Das Fest des Glaubens“ erinnert sich Papst Benedikt XVI. an die Fronleichnamsprozessionen seiner Kindheit in seiner bayrischen Heimat:
„Ich spüre noch den Duft, der von den Blumenteppichen und von den frischen Birken ausging; der Schmuck an allen Häusern gehört dazu, die Fahnen, die Gesänge; ich höre noch die dörfliche Blasmusik und ich höre das Krachen der Böller, mit denen die Burschen ihre barocke Lebensfreude ausdrückten, aber dabei eben doch Christus wie ein Staatsoberhaupt, ja als das Oberhaupt, als den Herrn der Welt auf ihren Straßen und in ihrem Dorf begrüßten. Die immerwährende Anwesenheit Christi wurde an diesem Tag gleichsam als der Staatsbesuch begangen, der auch das kleinste Dorf nicht auslässt“.
Das ist ein wirklich erhellendes Bild: Fronleichnam – der Staatsbesuch des Herrn der Welt bei seinem Volk.
Darum das große Fest. Darum die aufwändigen Vorbereitungen. Darum Pauken und Trompeten, Flaggen und Blumenteppiche. Darum Jung und Alt auf den Beinen, alle Gliederungen der Kirchengemeinde: Ministranten und Kommunionkinder, Kirchenchor und Kirchengemeinderat, Männer und Frauen. Darum die Präsenz und Mitwirkung der wichtigsten Vereine und die Unterstützung der Behörden.
Was würden wir wohl aufbieten, wenn der Bundespräsident unsern Ort besuchen wollte? Was gar müsste los sein, wenn – aus welchem Grund auch immer – Queen Elizabeth unsere Heimat zur Kurzvisite ausersehen hätte? Wenn man aber Prominenten und Staatsoberhäuptern alle Ehren erweist, wieviel mehr gebührt sich das dann gegenüber dem, den die Schrift „den Herrn der Herren und König der Könige“ nennt? (Offb 17,14)
Die Freude darüber, dass Er mitten unter uns ist im Sakrament seines Leibes und Blutes, das ist der Grund und der Sinn des Fronleichnamsfestes. Normalerweise nehmen wir dieses große Geheimnis unseres Glaubens hin, als ob es das Selbstverständlichste auf der Welt wäre. An Fronleichnam aber soll es allen wieder einmal aufgehen, dass die Kirche keinen größeren Schatz hat als den Eucharistischen Christus.
„Quantum potes, tantum aude“: „Was du kannst, das sollst du wagen, ihm gebührend Lob zu sagen“, so heißt es in einem bekannten Fronleichnamshymnus aus der Feder des hl. Thomas von Aquin. Dass die Liturgie des Fronleichnamstags, die Gebete, Gesänge und Betrachtungen von ihm stammen, einem der größten Gelehrten und Theologen des Abendlands, sollte uns zu denken geben. Zu Fronleichnam bzw. dem „Herrgottstag“, wie das Fest bei uns auch genannt wird, gehören viele lokale Traditionen. Und doch ist dieses Fest weit mehr als bloß schönes Brauchtum und Folklore. Mögen das alle spüren, die heute in den Kirchen und auf den Straßen unserer Heimat mit dabei sind. Damit sie den Segen des Herrn und die Freude am Glauben von der Prozession mitnehmen können auf den Pilgerweg ihres Lebens.
Amen.