Predigt zum Christkönigssonntag A (Mt 25,31-46)
Das Ende des Kirchenjahres lenkt unseren Blick auf das Ende der Zeit, das Ende der Welt.
Wir haben das Evangelium vom Weltgericht gehört, von jenem Tag, „wenn der Menschensohn kommt in seiner Herrlichkeit und alle Engel mit ihm; wenn er sich auf den Thron seiner Herrlichkeit setzt und alle Völker vor sich zusammenruft und sie voneinander scheidet“ (Mt 25,31).
Diesen Jüngsten Tag des Weltgerichts bekennen wir im Glaubensbekenntnis: „Er sitzt zur Rechten Gottes, des Vaters; von dort wird er kommen zu richten die Lebenden und die Toten“.
Glauben wir daran ? Glauben wir an das Ende der Welt ?
Oder sind wir nicht insgeheim angesteckt von der dem heutigen Menschen so eingewurzelten Fortschrittsgläubigkeit ?
Nicht umsonst sind Science-fiction-Filme- und Serien so beliebt: Sie zeigen uns eine Menscheit, die mit ihrer Technik alles kann, sozusagen: allmächtig geworden ist, und die sich im Weltraum ausbreitet.
Und dann: der Glaube an die Medizin, die populärste Form des Fortschrittsglaubens. Der Glaube an Gott ist vielen nicht mehr wichtig. An die „Halbgötter in Weiß“ glauben sie noch auf dem Sterbebett…
Dem steht die christliche Weltsicht gegenüber, die sagt: Diese Welt und alles, was in ihr ist, ist endlich und sterblich.
So wie dem einzelnen Menschen unausweichlich einmal das letzte Stündlein schlägt, so gibt es auch ein Ende der Welt im Ganzen.
Und dieses Ende liegt nicht in unendlicher Ferne. Nach Aussage der Schrift (z.B. Hebr 1,2) hat nämlich mit Jesus Christus bereits die Endzeit begonnen. – Die Weltgeschichte ist bereits in die entscheidende Phase eingetreten – die Entscheidung für oder gegen Gott – und das Reich Gottes ist bereits -verborgen, unscheinbar- mitten unter uns.
Frage: Wie geht es uns mit dieser Botschaft vom Ende der Welt, vom Tag des Herrn? Ist sie für uns Evangelium, das heißt Frohbotschaft – oder empfinden wir sie vielleicht eher als Drohbotschaft ?
Das hängt wohl von der Perspektive ab. – Frohbotschaft ist die Gerichtsbotschaft ganz gewiss für die Armen in dieser Welt. Schon im Alten Testament halten sich die Armen an der Hoffnung auf das Gericht Gottes fest. So heißt es etwa im Psalm 76: „Gott erhebt sich zum Gericht, um allen Gebeugten auf Erden zu helfen. Er nimmt den Fürsten den Mut, furchterregend ist er für die Könige der Erde“.
Diesen Gedanken, der vor allem bei den Propheten immer wieder begegnet, nimmt dann im Neuen Testament z.B. das Magnificat auf, der Lobgesang Mariens: „Gott stürzt die Mächtigen vom Thron und erhöht die Niedrigen; die Hungernden beschenkt er mit seinen Gaben und läßt die Reichen leer ausgehen“ (Lk 1,52 f.).
Im letzten Buch der Schrift schließlich, in der Offenbarung des Johannes, verkünden Engel allen Nationen „ein ewiges Evangelium: Fürchtet Gott, und erweist ihm die Ehre! Denn die Stunde seines Gerichts ist gekommen…Gefallen ist Babylon, die Große, die alle Völker betrunken gemacht hat mit dem Zornwein ihrer Hurerei“ (Apk 14, 6-8).
Es soll also nicht in Ewigkeit so weitergehen, dass es Arme und Reiche gibt, Opfer und Täter, Gewinner und Verlierer. – Nein, Gott wird der Ungerechtigkeit einmal ein Ende machen, er wird all den unzähligen Opfern der Weltgeschichte Recht verschaffen und an die Stelle dieser ungerechten und grausamen Welt einen neuen Himmel und eine neue Erde setzen (2 Petr 3,13).
Ist das nicht wirklich eine tröstliche und befreiende Perspektive ?
Es ist freilich auch eine Herausforderung.
Die Botschaft vom Gericht sagt uns: Wir müssen einmal Rechenschaft ablegen. Der Christ gehört nicht zu denen, die meinen, „dass sie sich mit ihrer Verantwortung hinausstehlen können in das leere Nichts“ (Karl Rahner). Nein, wir wissen: wir tragen Verantwortung vor Gott. – Und heute schon entscheidet sich, wo wir einmal beim Gericht stehen werden. Das hängt davon ab, ob wir uns hier und jetzt auf die richtige Seite stellen: Auf die Seite derer, die unsere Hilfe brauchen.
Wenn wir barmherzig sind, wird der Herr auch zu uns barmherzig sein.
Wenn wir uns für den Nächsten entscheiden, wird Christus sich für uns entscheiden.
Wenn wir den andern nicht allein lassen, wird Gott uns nicht allein lassen.
Wenn wir aber nur für uns selbst leben, mit dem Rücken zum andern, dann müssen wir in Ewigkeit allein fertig werden. Und das wäre die Hölle.
Das Wort Jesu gilt. Wir haben es heute im Evangelium gehört. Es liegt an uns, ob wir es annehmen und uns danach richten. Wenn wir das tun, dann ist die Gerichtsbotschaft auch Frohbotschaft für uns. Dann dürfen wir hoffen, einmal das Wort zu hören: „Kommt her, die ihr von meinem Vater gesegnet seid, nehmt das Reich in Besitz, das seit der Erschaffung der Welt für euch bestimmt ist“ (Mt 25,34).
Amen.