Die Ernte ist groß

Predigt zum 14. Sonntag im Jahreskreis C (Lk 10,1-20)

Als Jesus die zweiundsiebzig Jünger aussendet, an seiner Statt das Reich Gottes zu verkünden, bereitet er sie darauf vor, dass das nicht immer einfach sein wird.
Nicht in jeder Stadt, nicht in jedem Haus sind die Jünger Jesu willkommen. Nicht überall wird man sie mit offenen Armen empfangen. Im Gegenteil: Sie werden vielerorts auf Ablehnung stoßen, unerwünscht sein, Anfeindung erleben.
Den Jüngern wird es nicht besser gehen als Jesus selbst. – Wie oft predigte er tauben Ohren und verstockten Herzen. Wie oft mußte er sich über den Unglauben der Leute wundern, bis am Schluss eine aufgebrachte Menge seine Hinrichtung fordern wird (woran man sieht: nicht jedes Volksbegehren hat Recht…)
Auf diesem Hintergrund ist das ernste Wort an die Jünger zu verstehen: „Ich sende euch wie Schafe mitten unter die Wölfe“ (Lk 10,3). – Ihr werdet wie ich bissigen und gefährlichen Angriffen ausgesetzt sein.

An dieser Situation hat sich bis heute nichts geändert.
Heftig weht der Kirche – der Jüngerschaft Jesu – der Wind ins Gesicht. Viele wollen die Botschaft des Glaubens partout nicht hören, vor allem, wenn es eine unbequeme Botschaft ist, wenn sie den modernen Lebensstil in Frage stellt. Da reagieren viele sehr gereizt, sehr bissig und gehässig. – Und nicht nur solche außerhalb der Kirche. Die Uneinigkeit in den eigenen Reihen, der innere Glaubensabfall bei so vielen, die den Namen „Christ“ tragen: das ist die größte Not der Kirche heute.

Liebe Gläubige, trotz aller Schwierigkeiten, die der Glaube in einer mehr und mehr entchristlichten und gottvergessenen Atmosphäre hat, dürfen wir nicht den Mut verlieren. – Wir dürfen nicht die große Chance übersehen, die der Glaube auch heute, ja gerade heute hat.
Der Herr stellt uns diese große Chance vor Augen mit dem Wort: „Die Ernte ist groß“ (Lk 10,2).
Die Ernte, das sind die Menschen , die in das Reich Gottes eingebracht werden sollen. – Diese Ernte ist groß, sagt Jesus.
Viele Menschen suchen nach Gott, ob es ihnen bewußt ist oder nicht. Viele sehnen sich nach einer anderen Welt, als sie sie hier erleben. Viele verlangen nach dem Frieden, den die Welt nicht geben kann.
Hinter vielen Wohlstandsfassaden herrscht große geistige Not.
In unserer reichen, übersättigten Welt, in der es alles im Überfluss gibt, ist das Wichtigste Mangelware: Sinn.
Und die Kirche hat Sinn anzubieten!
Es gibt darum keinen Anlass zur Resignation. – Das wäre auch Sünde wider die Hoffnung. Und gerade auf diese Hoffnung kommt es an.
Das Wichtigste und Entscheidende für die Weitergabe des Glaubens heute – für die Neu-Evangelisierung, die uns der Hl. Vater so sehr ans Herz legt – ist, dass die Gläubigen selbst wieder froher und getroster und entschiedener an Gott glauben.

Vergessen wir dabei auch nicht: Gott ist der Herr der Ernte.
Es geht um das Reich Gottes. Und dieses Reich wird in jedem Fall kommen, ja es ist sogar „nahe“, wie Jesus mit Nachdruck sagt (Lk 19,9+11), und ist letztlich durch nichts und niemanden aufzuhalten.

Seien wir darum froh, dass Gott uns gerufen und seine Hand auf uns gelegt hat.
Seien wir froh, dass wir Gott dienen dürfen in der Nachfolge Jesu, jeder an seinem Platz.
Und freuen wir uns, dass unsere Namen – nach Jesu Wort (Lk 10,20) – im Himmel verzeichnet sind.

Amen.