Bereit sein, wenn das Stichwort fällt

Predigt zum 13. Sonntag im Jahreskreis (C)

Das heutige Evangelium gehört zu den Stellen in der Bibel, die uns provozieren, an denen wir uns reiben.
Und das ist gut so, denn: Woran ich mich reibe, das lässt mich wenigstens nicht kalt…
Und eben das will der Herr von uns, seinen Gläubigen: Dass wir nicht kalt sind und auch nicht lau, sondern dass wir Feuer fangen, dass wir entschiedene, leidenschaftliche Christen sind.
Jesus selbst ist ja alles andere als lau und angepasst und durchschnittlich. Er lebt vielmehr ganz radikal, ganz kompromisslos für seine Sendung: Das Reich Gottes zu verkünden.
„Die Füchse haben ihre Höhlen und die Vögel ihre Nester; der Menschensohn aber hat keinen Ort, wo er sein Haupt hinlegen kann.“ (Lk 9,58).
Jesus hat sich in kein gemütliches, gutbürgerliches Nest eingenistet. Er hat sich kein Haus auf Erden gebaut, keine Familie gegründet.
Er ist ganz und gar hingegeben an seine Sendung, den Willen des Vaters zu erfüllen.
Und diejenigen, die Jesus in die Nachfolge ruft, die er in Dienst nimmt, das Evangelium zu verkünden, die müssen auch bereit sein, seine Lebensweise zu teilen.

Liebe Gläubige, hier haben wir die Wurzel des Zölibats, der priesterlichen Ehelosigkeit. – In der Nachfolge Jesu anders leben als alle Welt. Wie Jesus und die Apostel auf eine normale bürgerliche Existenz verzichten, um ganz frei zu sein für den Dienst am Reich Gottes. – Mit dem Leben Zeugnis geben, dass es noch etwas Größeres gibt als diese Welt, nämlich die neue Welt Gottes.

Nun begegnet Jeus im heutigen Evangelium Menschen, die ihm nachfolgen wollen, aber nicht gleich.
Einer sagt: „Ich will dir nachfolgen, Herr. Zuvor aber lass mich von meiner Familie Abschied nehmen“. Und ein anderer: „Lass mich zuerst heimgehen und meinen Vater begraben“(Lk 9, 59;61).
Jedesmal dasselbe Motiv: Zuerst habe ich noch das und das vor, dann kommst du mit deinem Reich Gottes. – Erst noch ich, dann du!
Aber eben diesen Vorbehalt läßt der Herr nicht gelten. Wenn er einen Menschen ruft:“Folge mir nach!“, dann hat dieser Ruf absolute Priorität. – Den Vorrang auch davor, dem Tod die Reverenz zu erweisen. Denn Jesus ist der Herr über Lebende und Tote.

Liebe Mitchristen, immer wieder können wir das bei uns beobachten, diesen Vorbehalt: Erst noch ich mit meinen Vorhaben, mit meinen Anliegen, mit meinen Sorgen, dann du, Gott, mit deinem Anspruch…
Und viele Menschen leben heute sogar prinzipiell mit dieser Einstellung:
>Gott? – Den kann ich getrost zurückstellen. Das ewige Leben? – Das hat noch Zeit. Jetzt lebe ich erst mal hier in Ruhe nach meiner Facon – und dann sehen wir weiter.<

Wird da die Rechnung nicht ohne den Wirt gemacht? – Hier und jetzt sind wir gerufen zur Glaubensentscheidung, dazu ist uns unsere Lebenszeit von Gott geschenkt.
Es gibt ein Wort der Mystik:
„Fürchte den Herrn, dass er vorübergeht und nicht zurückkehrt“.

In jedem Leben gibt es ganz bestimmte Entscheidungssituationen, die Gott für uns vorgesehen hat. Einmalige Situationen, die nicht wiederkommen.

Also sollten wir uns bereithalten, dass wir dann, wenn der Ruf Jesu an uns ergeht, wenn das entscheidende Stichwort für uns fällt, bereit sind und folgen können.

Amen.

Anmerkung: Wesentliche Gedanken dieser Predigt verdanke ich Heinrich Spaemann, dem im Frühjahr 2001 verstorbenen großen geistlichen Schriftsteller und Priester.