Die Berufung des Matthäus

Predigt zum 10. Sonntag im Jahreskreis A (Mt 9, 9-13)

Im heutigen Evangelium schreibt der Evangelist Matthäus über sich selbst, über seine eigene Berufung in die Nachfolge Jesu. Ein kurzer, knapper Bericht, wie es sein Stil ist, nicht blumig und weitschweifig , sondern einfach und nüchtern; aber damit nur umso eindrucksvoller. So tritt uns Jesus hier entgegen, der Erlöser, der den Menschen herausruft aus einem sinnlosen Leben, der ihn mitnimmt in das Neue und Große des Reiches Gottes.
„Nicht die Gesunden brauchen den Arzt, sondern die Kranken“ (Mt 9,12) und alle sind krank, die ganze Menschheit krankt an ihrer Gottvergessenheit und braucht den einen Arzt, der heilt, der gesund macht.
Darum bitten wir ja in jeder Heiligen Messe, in der Vorbereitung auf die Kommunion: „Herr ich bin nicht würdig, dass du eingehst unter mein Dach, aber sprich nur ein Wort, so wird meine Seele gesund.“
So macht Jesus den Zöllner mit einem Wort gesund, mit dem einen machtvollen, erlösenden Wort „Folge mir nach!“ (Mt 9,9). Und auf der Stelle – ohne jedes Zögern – steht Matthäus auf und folgt dem Herrn in ein neues Leben.

Die Zöllner waren die Verachteten im jüdischen Volk, weil sie im Auftrag der Römer Steuern und Zölle einnahmen und damit Kollaborateure der verhassten Besatzungsmacht waren, Verräter des eigenen Volkes. Und ausgerechnet so einen will Jesus in seinem engsten Kreis der Zwölf Apostel haben.
Matthäus schildert uns keine Vorgeschichte zu dieser Berufung.
In Kapharnaum, wo Matthäus Zöllner war, hielt sich Jesus oft auf. Er predigte dort in der Synagoge, er wohnte im Haus des Petrus.
Vielleicht hatte Matthäus ihn schon manches Mal predigen gehört. Und auch Jesus war dieser Zöllner schon aufgefallen, der da am Rand stand, abgesondert von den anderen, ihm aufmerksam zuhörend. Und so braucht es nur noch diesen einen persönlichen Ruf: „Komm du jetzt mit mir!“, dass für Matthäus die Sache klar ist.
Er lässt alles stehen und liegen, verlässt sein einträgliches Gewerbe – und geht mit Jesus ins Unbekannte.
Ein Kirchenvater, der hl. Beda, ein Benediktinermönch, schreibt dazu in seinem Bibelkommentar: „Matthäus besann sich nicht lange, er zögerte nicht, er sprach nicht: jetzt ist noch dies oder das zu tun. Er überlegte nicht: was werden die Leute sagen. Er stand auf und verließ alles, ohne zu bedenken, was daraus werden würde.“
Übrigens, auch Jesus überlegt nicht: was werden die Leute sagen, wenn ich nun einen von diesen verhassten Zöllnern zu meinem Apostel mache. Und so empören sich vor allem die Pharisäer, die frommen Schriftgelehrten: „Wie kann euer Meister zusammen mit Zöllnern und Sündern essen?“ (Mt 9,11)
Wir  aber müssen sagen: Gott sei Dank tut er das! Gott sei Dank lässt Jesus nicht nur Heilige und Gerechte zu sich, denn sonst gäbe es für uns auch keine Chance, sonst hätten wir keinen Platz an seinem Tisch!

Und so ist es wirklich Evangelium, Frohbotschaft, Hoffnungsbotschaft, was Matthäus uns in dieser seiner eigenen Berufungsgeschichte berichtet.
Die Botschaft von der Barmherzigkeit Jesu. „Ich bin gekommen, um die Sünder zu rufen, nicht die Gerechten“ (Mt 9,13).
Die Frage ist: Lassen wir uns auch so von Jesus rufen? Schauen wir auf ihn, hören wir auf ihn, stehen wir immer wieder neu auf in unserem Leben, um ihm nachzufolgen?
Matthäus lädt uns dazu ein.
Er hat es nicht bereut, dass er damals in Kapharnaum alles auf Jesus gesetzt hat.
Er hat zwar am Ende seinen Glauben mit dem Leben bezahlt, es soll im Jahr 69 auf einer Missionsreise in Äthiopien geschehen sein. Und zugleich ist er unsterblich geworden. Heute – 2000 Jahre später – wird sein Evangelium auf der ganzen Welt verkündet und gelesen. Gott enttäuscht seine Gläubigen nie. Er ist immer großzügig, großherziger im Beschenken als wir es uns träumen lassen. Auch diese Erfahrung darf jeder machen, der auf Jesus setzt und sich auf seinen Plan einlässt. Seine Barmherzigkeit – und das heißt: sein unverdientes Schenken – ist ohne Maß.
Vielleicht lernen wir daraus, selber barmherziger, hochherziger zu werden. Nicht so engherzig wie die Pharisäer. Das Beispiel und die Fürsprache des heiligen Matthäus helfen uns dazu!

Amen.