Predigt an Weihnachten
Nun haben wir es gehört im Evangelium, wessen Geburt wir heute feiern:
Es ist derjenige, der von Ewigkeit her bei Gott war, der dann zur festgesetzten Zeit – vor 2000 Jahren – den Platz beim Vater aufgab, der auf diese Welt kam und unser sterbliches Fleisch annahm: Um den Menschen das Licht zu bringen, um alle, die ihn aufnehmen, zu Kindern Gottes zu machen.
Jesus ist der Sohn Gottes und der Erlöser der verlorenen Menscheit.
„Heute ist euch der Erlöser geboren, es ist Christus, der Herr!“ So verkünden die Engel in der Heiligen Nacht (Lk 2,11).
Der Erlöser – das ist der, der die Lösung bringt, für die großen Fragen des Menschen, die tiefsten und eigentlichen Lebensprobleme.
Es sind vor allem drei Fragen, die jedem Menschen gestellt sind, und die wir aus uns selbst heraus nicht beantworten können: die Frage der Schuld, die Frage des Leids und die Frage des Todes. – Lassen Sie uns das heute einmal bedenken.
Das Problem der Schuld klingt im heutigen Evangelium an, wenn es heißt: „Das Gesetz wurde durch Mose gegeben, die Gnade und Wahrheit kamen durch Jesus Christus“ (Joh 1,17).
Das Gesetz wurde durch Mose gegeben. – Die Zehn Gebote sagen es klipp und klar, was gut und böse ist, wodurch der Mensch sündigt. Aber mit Jesus kommt mehr: die Gnade, das heißt die vergebende Liebe Gottes.
Das zeigt sich schon bei der Geburt des Jesuskindes in Bethlehem. – Wer sind die Ersten, die zu ihm kommen ? – Nicht die Frommen Israels, keine Schriftgelehrten und Pharisäer, keine Würdenträger und Honoratioren. Hirten kommen, die bei den Schafen wachten. Und die waren alles andere als angesehene Bürger. Die Hirten gehörten damals zum Strandgut der Gesellschaft, zu denen, die man in den Städten und Dörfern nicht gern sah, weil sich zwielichtige Burschen darunter befanden.
Und genau die ruft der Engel zur Krippe: „Euch ist heute der Heiland geboren!“
Das ist wie ein Vorzeichen vor das spätere Leben Jesu. Einen „Freund der Zöllner und Sünder“ wird man ihn nennen (Mt 11,19), weil er mit denen zu Tisch saß, die schlecht angesehen waren, weil er Vergebung hatte für einen Zöllner Zachäus oder die Ehebrecherin. Und Jesus wird das so erklären: „Nicht die Gesunden brauchen den Arzt, sondern die Kranken. Ich bin gekommen, die Sünder zu rufen, nicht die Gerechten“ (Mt 9,12-13).
Und so sagt uns Weihnachten: Du Mensch, der du weißt, dass du Schuld auf dich geladen hast, der du manches zu verbergen hast: Versteck dich nicht länger, komm zu dem, der deine Schuld wegnimmt und deine Seele gesund macht!
Und dann die Frage des Leidens, das zweite zentrale Lebensproblem.
Gerade dieser Frage steht unsere heutige, angeblich so fortschrittliche Zeit völlig ratlos und hilflos gegenüber. Denn wir leben in einer „Spaßgesellschaft“. Leben muß Spaß machen. Dann macht es Sinn. Aber was ist mit denen, die keinen Spaß mehr haben? Was ist mit dem Mann, der seit einem Sportunfall vom Halswirbel an völlig gelähmt daliegt – hat sein Leben noch Sinn?
Die Antwort gibt wiederum Jesus, der Erlöser. Denn gerade er war von Anfang an konfrontiert mit dem Leid, mit der ganzen Ungerechtigkeit der Welt. Von dem Augenblick an, als seine Eltern keine Herberge in Betlehem fanden, weil kein Platz für sie war; – eine Futterkrippe im Stall, das war der Platz, den die Welt dem Jesuskind zuwies. Und später, da werden auch so viele keinen Platz für ihn haben: „Er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf“ (Joh 1,11).
Er heilt die Kranken, er bringt das Evangelium – und doch bleibt die große Masse gleichgültig und viele hassen ihn gar bis aufs Blut, bis er mit 30 Jahren auf Golgotha stirbt: Angenagelt ans Kreuz des Leids, der Ungerechtigkeit und Verlassenheit.
Und damit stellt sich der Sohn Gottes ein für allemal auf die Seite der Leidenden; aller, die das schlechte Los gezogen haben, die auf dem letzten Platz sind.
Und er ruft ihnen zu: Du Mensch, der du mühselig und beladen bist und unglücklich, und der du ein schweres Kreuz zu tragen hast: Komm zu mir, dann brauchst Du nicht zu verzweifeln, dann hat dein Schicksal einen Sinn!
Der Tod – der letzte Feind, wie Paulus sagt, der Feind, dem keiner entgeht. Ob groß oder klein, ob reich oder arm, ob jung oder alt.
Man kann ihn verdrängen, überspielen, hinausschieben. Am Ende kommt er doch. Und er kommt auch schon mitten im Leben. – Wenn er uns die nimmt, die wir lieben.
Die Todesfrage – die Schicksalsfrage eines jeden. Wer hat die Antwort?
Gibt es jemanden in dieser Welt? Nein, denn alle sind sterblich und zum Tod verurteilt.
Aber es gibt den, der durch den Tod hindurchgegangen ist und in Herrlichkeit auferstanden ist. Und der uns verspricht: „Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt“ (Joh 11,25).
Wer außer Jesus kann uns das zusagen? Wer außer ihm kann den letzten Feind besiegen?
Darum: Du Mensch, der du einmal sterben mußt und den die Angst vor dem Tod, wenn auch heimlich, bedrückt. Betäube dich nicht mit Alkohol und Beruhigungspillen, sondern halte dich fest an Jesus, deinem Erlöser!
Das ist die Weihnachtsbotschaft: Christ, der Retter, ist da. Gott, unser Schöpfer hat das Elend der Menschen gesehen und uns seinen geliebten Sohn als Erlöser gesandt.
„Das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, kam in die Welt“ (Joh 1,9).
Darum feiern wir heute Weihnachten.
Darum haben wir allen Grund, Gott zu danken.
Darum feiert die Kirche heute weltweit den großen und barmherzigen Gott mit allem Glanz und allem Reichtum der Liturgie.
Und darum geht uns heute vielleicht auf: Es ist zu wenig, viel zu wenig, wenn ich nur einmal im Jahr, an Weihnachten danke. Nein, ich habe allen Grund, meinem Erlöser heute und morgen und an jedem Tag meines Lebens aus tiefster Seele zu danken!
Amen.