Predigt zum Vierten Adventssonntag B (Lk 1,26-38)
Zwei Personen stehen im Zentrum des Weihnachtsgeschehens: Jesus, das göttliche Kind und Maria, seine Mutter.
Heute, am letzten Adventssonntag, behandelt das Evangelium ganz besonders Maria und die Ereignisse, die sie zur jungfräulichen Gottesmutter werden liessen.
Dass Maria den Sohn Gottes vom Heiligen Geist empfangen und als Jungfrau zur Welt gebracht hat, ist ein Fundamentalsatz des christlichen Glaubens: „Ich glaube an Jesus Christus, Gottes eingeborenen Sohn, unseren Herrn, empfangen durch den Hl. Geist, geboren von der Jungfrau Maria“.
Allerdings hat es mit dieser Glaubenswahrheit von der jungfräulichen Gottesmutterschaft Mariens etwas Seltsames auf sich: sie war von Anfang an besonders umkämpft. – Es gab immer schon welche, die sich gerade an dieser Botschaft rieben und ärgerten, die das verhöhnten und lächerlich machen wollten und aus dem Credo ausmerzen wollten.
So stellte schon ein großer Theologe der frühen Kirche, der sich viel mit Irrlehrern und Sektierern auseinandersetzte – Irenäus von Lyon – fest:
„Jede Häresie (jede Irrlehre) beginnt entweder mit der Leugnung der Jungfrauengeburt – oder endet damit“.
Mit anderen Worten: Wie einer sich gerade zu dieser Glaubenswahrheit stellt, ist untrügliches Indiz dafür, ob er den wirklichen apostolischen und katholischen Glaubenssinn hat – oder ob er den Glauben in Wirklichkeit nicht richtig verstanden und akzeptiert hat.
Denn die Botschaft des heutigen Evangeliums sagt uns deutlich und konkret das Zentrale unseres Glaubens: Wer Gott ist – und wer Jesus Christus ist.
Wer Gott ist.
Auf Marias Frage: „Wie soll das geschehen?“, antwortet ihr der Engel: „Für Gott ist kein Ding unmöglich“ (Lk 1.37). Das heißt: Was hier geschieht, das wird ein Werk des allmächtigen Gottes sein; ein Machtzeichen Gottes, etwas, das das menschliche Verständnisvermögen sprengt, mit anderen Worten: ein Wunder.
Darum geht es: um das Wunder der Jungfrauengeburt. Und es geht darum, ob wir Gott glauben, dass er solch ein Wunder vollbringen kann, ob wir an seine Allmacht glauben.
Maria konnte es. Für sie war die Auskunft Gabriels plausibel. Sie wusste, dass für den wahren und lebendigen Gott kein Ding unmöglich ist. Und eine weitere Erklärung brauchte sie nicht.
Es wird auch klar und deutlich in diesem Evangelium gesagt – und zwar wieder vom Engel Gabriel – wer Jesus Christus ist:
„Deshalb wird auch das Kind heilig und Sohn Gottes genannt werden“ (Lk 1,35).
Das ist der eigentliche Sinn und Zweck der Empfängnis und Geburt Jesu Christi durch den Heiligen Geist und die Kraft Gottes: Durch dieses übernatürliche, wunderbare Geschehen soll angezeigt werden, wer dieses Kind ist, das da zur Welt kommt. Nicht irgendein Kind wie tausend andere auch, auch nicht irgendein hochbegabtes Kind. – Nein, Gottes eigener Sohn, derjenige, der von oben kommt, von Gott (So wie Jesus im Johannessevangelium von sich sagt: „Ihr stammt von unten, ich stamme von oben“ Joh 8,23).
„Für uns Menschen und zu unserem Heil ist er vom Himmel gekommen, hat Fleisch angenommen durch den Heiligen Geist von der Jungfrau Maria und ist Mensch geworden“, so sprechen wir im Großen Glaubensbekenntnis. – Jesus Christus ist derjenige, der freiwillig unser sterbliches Fleisch, unser vergängliches Dasein angenommen hat, um uns zu erlösen. Er ist also alles andere als bloß >einer von uns<, wie man heute so gern sagt. – Als ob’s von unserer Sorte nicht schon genug gäbe…Nein, Gott sei Dank ist Jesus viel mehr: Sohn des Höchsten, Retter der verlorenen Menschheit.
Der große protestantische Theologe Karl Barth bringt es so auf den Punkt: „Gott hat es gefallen, das Geheimnis der Menschwerdung seines Sohnes durch das Wunder der Jungfrauengeburt anzuzeigen“. – Durch die Geburt aus der Jungfrau Maria wird Jesus als wahrer Sohn Gottes offenbart. Und damit wird klar, dass es in dieser Frage nicht um ein Randthema geht, das man so und auch anders ansehen kann, sondern um den Kern des Glaubens: Wie hälst Du’s mit Jesus Christus?
Ein Letztes. Auch wer Maria ist, sagt uns dieses Evangelium.
Maria ist dasjenige Geschöpf, dem die höchste denkbare Erwählung zu Teil wurde: Mutter Gottes zu sein. – Eigentlich unvorstellbar. Wirklich ein Wunder. Und damit etwas, was wir im Glauben annehmen müssen. Gerade darin ist uns Maria zum Vorbild gegeben, durch ihren bedingungslosen Glauben. – „Selig ist die, die geglaubt hat, dass sich erfüllt, was der Herr ihr sagen ließ“, wird sie später von Elisabeth gepriesen (Lk 1,45).
Marias gläubiges Ja zum Wort Gottes, das ihr der Engel ausrichtete, ließ den Erlöser zur Welt kommen.
Lernen wir von Maria, gläubig Ja zu Gottes Wort zu sagen. – In der Lesung des heutigen Sonntags spricht Paulus vom „Gehorsam des Glaubens“ (Röm16,26). Nur davon kann Gnade und Heil kommen.
Bitten wir Maria, die Mutter Gottes und die Mutter aller Glaubenden, um ihre Fürsprache für die heutige Kirche, deren größte Not die Glaubensschwäche, ja der innere Glaubensabfall so vieler ist. – Nur wenn die Kirche mit Maria im Glauben feststeht, kann sie der Welt zum Segen werden, kann sie die Gnade, die von oben kommt, weitergeben.
Amen.