Predigt zu Neujahr
Zum neuen Jahr wünscht man sich alles Gute. – Man wünscht sich vielleicht auch ein gesegnetes neues Jahr.
„An Gottes Segen ist alles gelegen“, weiß der Volksmund.
Wir können uns noch so sehr anstrengen, vorsorgen und planen: ohne Gott und seinen Segen wird alle Mühe umsonst sein.
So wie es die Bibel im Psalm 127 sagt (ein Psalm, der König Salomo, dem Weisen, zugeschrieben wird:) „Wenn nicht der Herr das Haus baut, müht sich jeder umsonst, der daran baut; wenn nicht der Herr die Stadt bewacht, wacht der Wächter umsonst“.
Was der Mensch ohne Gott anfängt – was nicht von Gott gesegnet ist – das ist letztlich umsonst. – Und weise ist der Mensch, der das erkannt hat.
Vom Segen Gottes ist in der heutigen Lesung aus dem 4. Buch Mose (Numeri) die Rede.
Da geht es um den priesterlichen Segen im Jerusalemer Tempel. Die Priester im Volk Israel, das waren die Aaroniten – die Nachkommen Aarons. Und sie allein durften bei der Opferfeier im Tempel der Gemeinde den feierlichen Segen erteilen:
„Der Herr segne dich und behüte dich.
Der Herr lasse sein Angesicht über dich leuchten und sei dir gnädig.
Der Herr wende sein Angesicht dir zu und schenke dir Frieden“.
Es ist das eine große, dreigliedrige Segensformel, die alles aufzählt, was der Segen Gottes umfaßt. (Wobei man in der dreifachen Nennung des Gottesnamens – das dreimalige „der Herr – Jahwe“ – bereits eine Offenbarung der Trinität sehen kann.)
„Der Herr segne dich und behüte dich“. – Das ist das erste.
Der Herr segne dich: Gott beschenke dich mit allen guten Gaben, die du zum Leben brauchst. Er lasse dein Leben wachsen und gedeihen und gebe dir Erfolg in deinen Unternehmungen. Und dann folgt der Zusatz: „und er behüte dich“. – Das heißt: Gott halte auch alles fern von dir, was dir schaden kann, er bewahre dich vor Unheil und Unglück.
Er gebe dir alles Gute – und beschütze dich vor dem Bösen.
Der zweite Segenswunsch:
„Der Herr lasse sein Angesicht über dir leuchten und sei dir gnädig“.
Hier geht es um das Verhältnis des Menschen zu Gott. – Gott soll sich freuen können über uns und unsere Werke. Wir sollen so leben, dass wir Gott gefallen, dass sein Angesicht gleichsam strahlt.
Und wenn wir das einmal nicht tun, wenn wir nicht so handeln, wie es Gott gefällt, also: sündigen, – dann möge er uns gnädig sein, die Schuld nicht anrechnen, sondern vergeben.
Und die Schlussbitte:
„Der Herr wende sein Angesicht dir zu und schenke dir seinen Frieden“.
Hier geht es um das Gelingen des Lebens im Ganzen. Wir mögen immer mit Gott verbunden bleiben; er soll sich nie von uns abwenden, er soll immer auf uns schauen und unser Gebet hören. Und am Ende unseres Weges nehme er uns auf in seinen Frieden: Shalom im Hebräischen. Das meint das umfassende Heil, das Vollendetsein im Reich Gottes.
Liebe Gläubige, als im Jahr 70 nach Christus der Tempel in Jerusalem zerstört und die Israeliten vertrieben wurden, erlosch damit auch das aaronitische Priestertum. Seitdem gibt es den feierlichen priesterlichen Segen bei den Juden nicht mehr. – Er wird nicht mehr ausgesprochen.
Aber der Segen Gottes lebt fort im Neuen Bund, in der Kirche Jesu Christi.
Messe – vom lateinischen „missa“ – heißt eigentlich: Segnung.
In der Messe, in der Opferfeier des neuen Bundes, empfängt der Gläubige alle die Gnaden, die im aaronitischen Segen enthalten sind. Wobei von allen Teilen der Feier Segen ausgeht: von der Verkündigung des Evangeliums, von den Gebeten und Gesängen, vom Schluss-Segen des Priesters; am meisten aber von der Gegenwart Christi in den eucharistischen Gaben und vom Kommunionempfang. So wie es im Ersten Hochgebet heißt: „Wir bitten dich, allmächtiger Gott: Wenn wir durch unsere Teilnahme am Altar den heiligen Leib und das Blut deines Sohnes empfangen, erfülle uns mit aller Gnade und allem Segen des Himmels“.
Früher wußten das die Menschen, dass es in der Messe um den Segen Gottes geht, an dem alles gelegen ist. Und darum hieß es, auch das eine alte Volksweisheit: „Einem Sonntag ohne Messe – folgt eine Woche ohne Segen“.
Liebe Gemeinde, wenn wir uns für das neue Jahr Glück und Wohlergehen wünschen für uns und für die, die uns am Herzen liegen, dann genügt vielleicht ein einziger Vorsatz: Dass wir uns den Segen und die Gnade, die Gott uns in jeder Messfeier anbietet, so selten wie möglich entgehen lassen.
Amen.