Wie der Heilige Geist wirkt

Predigt zum Pfingstfest

Der Heilige Geist – wer ist das eigentlich?
Die dritte göttliche Person, sagt unser Glaube. – Wir glauben an den dreifaltigen Gott:
Gott Vater, Gott Sohn und Gott, der Heilige Geist.
Nun, von Gott, dem Vater und von Jesus Christus haben wir gewisse Vorstellungen, die zumeist von der Bibel herkommen, aber beim Heiligen Geist ist es anders. Er entzieht sich unserem Vorstellungsvermögen.
Genaugenommen muss das auch so sein: Denn der Heilige Geist ist – wie sein Name schon sagt – Geister ist das Geistige in Gott, das Nicht-Fassbare, Nicht-Greifbare in Gott, die unsichtbare Kraft Gottes, die alles – das ganze All – erfüllt und am Leben hält.
So sehen wir gerade am Heiligen Geist, dass Gott immer größer ist als unsere Bilder und Vorstellungen, dass wir ihn nicht fassen können, obwohl er allgegenwärtig ist – und das Lebensnotwendigste. – So wie die Luft zum Atmen, die wir auch nicht sehen und greifen können, ohne die wir aber nicht existieren können.

Jesus sagt einmal: „Der Geist weht, wo er will. Du hörst sein Brausen, weißt aber nicht, woher er kommt und wohin er geht“ (Joh 3,8).
Das heißt: Ja, ihr könnt den Geist nicht fassen. Aber: ihr könnt sein Brausen hören; ihr könnt es erleben, hören, fühlen, wie er wirkt.
Liebe Gläubige, den Geist erkennt man an seinem Wirken und an seinen Wirkungen. Man erkennt ihn – wie Paulus sagt – an den Früchtendie er schenkt.

Exemplarisch zeigt sich das an Pfingsten, wo der Heilige Geist sich durch drei machtvolle Zeichen zu erkennen gibt.
Es heißt im Bericht der Apostelgeschichte: „Als der Pfingsttag gekommen war, befanden sich alle Jünger am gleichen Ort. Plötzlich kam vom Himmel her ein Brausen, wie wenn ein heftiger Sturm daherfährt und erfüllte das ganze Haus, in dem sie waren“ (Apg 2,2).
Das ist das Erste. Der Heilige Geist kommt als heftiger Sturm. – Was bedeutet das?
Der Geist ist nicht nur die sanfte Taube – er kommt mit Macht, mit Gottes Allmacht. Er verändert die Welt, er fegt Altes, Morsches, Totes hinweg und schafft Raum für neues Leben. Er erneuert das Antlitz der Erde (Ps 104,30).
Wie? Zum Beispiel durch geisterfüllte, von Gott begeisterteMenschen, die Geschichte machen, die die Welt verändern.
Wie es dann auch die Apostel taten. Was als kleine, unscheinbare Gruppierung in Jerusalem begann, wurde bald mit einer unerhörten Dynamik zu einer weltweiten Bewegung. Wie ein Sturm kam das Christentum über die Welt – und fegte schließlich das Römische Weltreich hinweg.
Der heilige Geist kommt als heftiger Sturm, das ist das Erste. Dann lesen wir weiter: „Dann erschienen ihnen Zungen wie von Feuer, die sich verteilten. Auf jeden von ihnen ließ sich eine nieder“ (Apg 2,3)
Der Geist kommt wie FeuerEr ist das göttliche Licht.
Der Mensch sucht nach Sinn, nach Orientierung. Er fragt – und wenn es unbewußt ist: wofür lebe ich ?
Der Geist Gottes gibt die Antwort. Er schenkt den Menschen das Glaubenslicht.
Wer glaubt, dem gehen die Augen auf. Der sieht. Der sieht weiter. Und wer glaubt, dem wird es warm ums Herz. Denn das Licht des Geistes ist ein lebendiges, warmes Licht. Es schenkt Vertrauen, Geborgenheit, Trost.
Darum nennt Jesus den Geist den Tröster, den Beistand (Joh 14,16).
In allen Nöten und Widrigkeiten ist der Glaubende doch getröstet.
Beachten wir auch, dass es heißt: „Auf jeden von Ihnen ließ sich eine Feuerzunge nieder“.Der Heilige Geist kommt nicht auf die Jünger als Kollektiv, als anonyme Masse; er sieht den Einzelnen, jeden Einzelnen in seiner Individualität und teilt ihm seine ganz spezielle Gnadengabe mit.
„Jeder hat sein eigenes Charisma, seine eigene Gnadengabe von Gott, der eine so, der andere so“, sagt der Apostel Paulus (1 Kor 7,7), und zählt im Brief an die Korinther einige solcher individuellen Talente, die sich in der Gemeinde finden, auf: „Dem einen wird vom Geist die Gabe geschenkt, Weisheit mitzuteilen…dem andern im gleichen Geist Glaubenskraft, einem andren – immer in dem einen Geist – die Gabe, Krankheiten zu heilen ….sodann die Gaben, zu helfen, zu leiten…Das alles bewirkt ein und derselbe Geist; einem jeden teilt er seine besondere Gabe zu, wie er will“ (1 Kor 12, 8-11; 28). Von der „Frucht des Geistes“, die unterschiedliche Gestalt hat, spricht der Apostel im Brief an die Galater (5,22): „Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut, Selbstbeherrschung“.

Und schließlich das dritte Zeichen, mit dem sich der Heilige Geist am Pfingsttag offenbart, das Sprachenwunder: „Alle wurden mit dem Heiligen Geist erfüllt und begannen, in fremden Sprachen zu reden, wie es der Geist ihnen eingab“ (Apg 2,4).
Die Jünger beherrschen plötzlich alle möglichen Sprachen und verkünden in ihnen „Gottes große Taten“ (Apg 2,11).
Gottes Geist schafft Verständigung, Gemeinschaft, Einheit über alle Grenzen hinweg.
Er vereint die vielen Völker und Sprachen im selben Glauben.
So ist an Pfingsten schon anfanghaft vorgebildet die weltumspannende Kirche, zu der wir heute gehören, die größte Religionsgemeinschaft der Welt. Und wir sehen, dass diese universale Kirche nicht Menschenwerk ist, sondern vom Heiligen Geist kommt.

Liebe Gemeinde, merken wir, wie der Heilige Geist wirkt – machtvoll in der Geschichte – aber auch in jedem von uns? Sehen wir, wie er uns beschenkt hat mit seiner Liebe? Mit seinen Gaben?
Danken wir ihm heute dafür! Und denken wir öfter an ihn! Besonders dann, wenn wir Erleuchtung brauchen, geistige Kraft, Rückenwind von oben, um schwierige Hürden zu nehmen!
Die Jünger warteten damals auf die Kraft von oben. Neun Tage lang waren sie nach der Himmelfahrt Jesu zusammen und beteten, dass er ihnen den verheißenen Beistand schicken möge.
Der Geist drängt sich niemandem auf. – Er klopft an – immer wieder. Aber er bricht nicht ein. Hoffen wir, dass die Menschen sich öffnen, helfen wir ihnen, so weit wir können, dazu! Unsere Welt ist krank, nur Gottes Geist kann sie heilen. Möge er doch wie einst an Pfingsten herabkommen und das Antlitz der Erde erneuern.

Amen.