Predigt zum 18. Sonntag im Jahreskreis C (Lk 12, 13-21)
Liebe Gläubige,
„Zeit ist Geld“ – Sie kennen den Satz. Ein Grundprinzip der modernen Welt und besonders des Kapitalismus, wo alles schnell-schnell gehen muss – und immer schneller und zeitsparender – mit dem Effekt, dass am Schluss vielleicht viel Geld, viel Profit da ist, aber immer weniger Zeit.
Zeit ist Geld – Zeit ist wie Geld – das hat auch der reiche Mann im Gleichnis des heutigen Evangeliums gedacht. Und so hat er gemeint, er könnte über seine Zeit verfügen wie über seinen Besitz, seine Kornvorräte:
„Nun hast du einen großen Vorrat, der viele Jahre reicht“. – „Du Narr“, sagt Gott zu ihm, noch in dieser Nacht ist es mit deiner Lebenszeit zu Ende, denn ich fordere sie von dir zurück! (Lk 12,20)
Liebe Gemeinde, Zeit ist nicht Geld! Zeit ist viel mehr als Geld.
Das merkt der Mensch spätestens dann, wenn ihm die Zeit ausgeht, und er sie sich mit keinem Geld der Welt zurückkaufen kann. Für den reichen Grundbesitzer kommt diese Erkenntis allerdings zu spät. – Alle seine schönen Vorräte, sein Angespartes nützt ihm nichts mehr: Er muss gehen und das alles den Erben lassen.
Die Zeit ist nicht unser Besitz. Wir können sie nicht ansparen, aufhäufen, sammeln.
Die Zeit gehört Gott.
Er hält die Zeit in seinen Händen und teilt sie uns zu.
Wenn wir uns fragen: Woher habe ich denn meine Zeit, die Stunden, Tage, Jahre meines Lebens? Dann ist die Antwort: Das ist mir einfach gegeben.Gott schenkt uns unsere Lebenszeit. Und Gott wird einmal fragen, was wir mit diesem kostbaren Geschenk gemacht haben, ob wir es recht gebraucht haben.
Und wie macht man das, wie braucht man seine Zeit richtig? Antwort: Indem man es genauso mit ihr macht wie Gott. – Gott schenkt uns die Zeit. Und wir sollen sie weiterschenken. Nicht bloß für uns behalten und sparen für uns und unsere Geschäfte.
Wem Zeit schenken? Zum Beispiel: Gott.
Es ist doch sehr merkwürdig, wenn so viele Menschen heute keine Zeit mehr für Gott haben – von dem sie alle ihre Zeit haben. – Wie kann man so unvernünftig sein?Sie gleichen wirklich dem Bauern im Evangelium, zu dem Gott am Schluss sagen muss: Du Narr!
Sie leben und arbeiten vor sich hin, häufen Besitz an und fragen gar nie nach dem Sinn von allem, nach dem Sinn des Lebens.
Zeit für Gott ist nie vergeudete Zeit. Denn ich bekomme sie als erfüllte Zeit, als sinnerfüllte Zeit zurück. Ohne Zeit für Gott ist alle meine Zeit sinnlos.
Zeit für Gott – Zeit für die Seele – das ist das eine; Zeit für meine Mitmenschen das ist das andere, was unsere Zeit erfüllt, was sie reich macht.
Zeit haben für die, die mit uns auf dem Weg sind und für die, die – scheinbar zufällig – unseren Weg kreuzen.
Schlimm auch hier wieder die Aussage: „Ich habe keine Zeit“, mit der wir uns Menschen und Menschliches vom Hals halten. Wenn wir meinen, wir hätten mehr von unserer ach so kostbaren Zeit, wenn wir sie für uns behalten, wenn wir sie ängstlich schützen und nicht vergeuden wollen mit Störenfrieden. Dann gilt wiederum das Wort: Du Narr! – So bleibt deine Zeit leer und unfruchtbar. Verlorene Zeit.
Liebe Gläubige,ich finde Menschen faszinierend, die mitten in unserer gehetzten, atemlosen Welt Zeit haben. Viel Zeit, jederzeit Zeit für andere. Die, auch wenn sie durchaus Wichtiges leisten, nicht gejagt sind vom vollgestopften Terminkalender.
Bei denen man nie das Gefühl hat: Der hat keine Zeit für mich. Dem darf man seine Zeit nicht stehlen.
Wie wäre es, wenn wir selbst so wären? Reich an Zeit für andere, für Gott, für die Seele.
Wenn es wahr ist, dass der Christ als Kind Gottes in der Fülle der Zeit lebt, wie die Schrift sagt, dann müßte man uns Christen daran erkennen können: dass wir ganz viel Zeit haben.
Amen